Stand: 09.05.2010

Bibabutzemann


Beim Rätselraten um die Wurzeln Europas ist nun das Baskische ins Blickfeld der Wissenschaft gerückt. Eine Sprache, die nicht mal 0,01% der Weltbevölkerung beherrschen und dem russischen Wotjakisch den letzten Platz unter den europäischen Sprachen streitig macht.

Die Bewohner des kleinen Landes zwischen Frankreich und Spanien bezeichnen ihre Sprache selbst als "Euskera". Daher werden sie von den Anderen die Basken (lat. vascones, franz. Basque, span. vascos, engl. Basques) genannt. Euskera ist eine sehr schwierige Sprache, die mit keiner anderen verwandt zu sein scheint. Wie die Legende berichtet, konnte selbst der Teufel die baskischen Verbalformen mit bis zu vier Personalmarkierungen nicht lernen. Oh hätte er doch das Manuskript zum Strukturkurs Baskisch im SS 2002 an der UNI Düsseldorf gelesen. Das strotzt vor Sätzen wie:

"Das Baskische ist praktisch ausschließlich suffigierend. Im Verbalbereich gibt es einige (entlehnte) Präfixe sowie einige (möglicherweise proklitisierte) alte Präfixe." Morphophonologische Alternationen "are few simple and in most cases phonologically transparent" (Trask 1997:118), vgl. z.B. Auslautverhärtung in (5), intervokalische [r]-Gemination in (6)"

<>Wenn der Teufel das gelesen hätte, hätte er gewiß den Schwanz eingezogen und die Menschheit für immer verlassen.

Auch auf die Gefahr hin, dass der Leser es dem Teufel gleich tun könnte, hier nur ein kleines Beispiel. Es soll zeigen, in welche Nöte der Teufel damals gekommen sein mag. Nehmen wir das (wie üblich in der Partizipialform angegebene) Zeitwort ekarri. Das entsprechende deutsche Zeitwort (Verb) lautet in der Infinitivform "bringen". Ekarri wird nun nicht (wie uns gewohnt) abgewandelt (konjugiert), sondern erhält Anhängsel (Affixe / Suffixe).

Besonders "gemein" sind die ergative Kasusmarkierung, die Gruppenflexion und der Allokutiv. Zitat: "Die Form badakarzkiedak = "ich bringe sie ihnen", enthält neben kar (= bring-) die Fürwörter "ich", "sie", "ihnen" und ein viertes, das die Übersetzung nicht ausdrücken kann. Dieses bestimmt, wem dieser Satz gesagt wird. Es ist also ein Wortbestandteil, der den Gesprächspartner bezeichnet, in diesem Fall eine dem Sprecher eng vertraute männliche Person. Diese Erscheinung wird als Allokutiv bezeichnet und ist die einzige Stelle, an der in der baskischen Grammatik zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht unterschieden wird.

Die Grammatik ist ansonsten geschlechtsneutral. Manche mögen hierin einen Hinweis darauf sehen, dass die baskische Gesellschaft ursprünglich nicht patriarchalisch organisiert war. Tatsächlich erbt im Baskenland immer das erste Kind den ungeteilten Hof, egal ob männlich oder weiblich."

Selbst wenn der Teufel Euskera gelernt hätte, käme er damit bei seiner Kundschaft nicht weit. Das klitzekleine Baskenland (Euskal Herria) erstreckt sich nur entlang des Golfs von Biscaya, vom Osten des Kantabrischen Gebirges bis zu den westlichen Pyrenäen. Gerade mal 650 000 Seelen umfaßt die baskisch sprechende Gemeinde. Und dann auch noch diese ungewöhnliche Sprache!

Die erdrückende Mehrheit der Europäer verständigt sich in "normalen" Sprachen, die überwiegend zur "indogermanischen" (idg.) Sprachfamilie zählen. Das ist die am weitest verbreitete der Welt. Zu ihr gehören etwa zwei Milliarden Menschen. Namhafte Wissenschaftler nehmen sogar an, dass die idg. Familie zu einer noch weit größeren Makrofamilie gehört.

Die kleine Schar der Basken lebt also mit ihrem fremdartigen Euskera wie auf einer Insel im "indogermanischen" Ozean. Kein Wunder, dass sich da mancher zu einem Erklärungsversuch für dieses Sonderdasein herausgefordert fühlt.

So käute die baskischen Kuh in ihren Memoiren Folgendes wieder:

»Vor langer, langer Zeit, begannen die Menschen, oui, les hommes, einen hohen Turm jusqu'au ciel, bis zum Himmel hinauf zu bauen, denn sie wollten avec Dieu, oui, mit Gott, auf einer Stufe stehen, so sein wie er«, so sprach sie (Sœur Pauline Bernardette) einmal im Klostergarten zu mir. »Und als sie so bei der Arbeit waren mit ihren Schaufeln, ihren Pickeln und Hacken und schon den ersten Teil des Turmes errichtet hatten, qu'est-ce qu'i1 est arrivé, was geschah? Dieu verwirrte ihre Zungen. Nun verstand der eine den anderen nicht mehr, pas non plus, und parce que sie sich nicht mehr verstanden, gab es Zank und Streit, partout, so dass sie die Arbeit nicht mehr fortsetzen konnten. C'est la raison pour laquelle, deswegen blieb der Turm so wie er war, pas terminée, und die Menschen zogen in die Welt, chacun avec seiner eigenen Sprache, chacun an einen anderen Ort, und so gelangten wir Basken in die Pyrenäen.« (aus den "Memoiren einer baskischen Kuh", Bernardo Atxaga, Altberliner / Berlin – München)

Schon lange vor dem baskischen Hornviech hatte auch Wilhelm von Humboldt eine Lösung anzubieten. Er sah im Baskischen "die Fortsetzung des Iberischen, der Sprache des vorrömischen Hispaniens". Diese Hypothese ist mittlerweile jedoch verworfen worden, wie viele andere seither auch.

Viele Möglichkeiten wurden untersucht. Doch es besteht keine Verwandtschaft mit dem "Indoeuropäischen" (auch nicht dem Keltischen, Lateinischen, Griechischen und dem Sanskrit), dem Piktischen, der Berbersprache, dem Altägyptischen, den Sprachen des Sudans und der Sahara, den semitischen Sprachen, dem Etruskischen, dem Minoischen, den uralischen Sprachen (auch nicht dem Finnischen), dem Burushaski, dem Dravidischen, den Munda Sprachen Indiens, dem Jenissejischen (Jenissej = Strom in Sibirien), den Chukchi-Kamchatka-Sprachen Sibiriens, dem Sino-Tibetischen, der Eskimosprache, den Na-Dene Sprachen Nord Amerikas oder den kaukasischen Sprachen.

Ist die Suche nach Verwandtschaftsbeziehungen demnach aussichtslos? Nicht ganz, denn das Manuskript zum Strukturkurs Baskisch meint: "Aquitanisch scheint der einzige Kandidat eines echten Verwandten des Baskischen zu sein. Aquitanisch ist überliefert in ca. 400 Personennamen und 70 Namen für Gottheiten in lateinischen Texten. Gesprochen im Südwesten Galliens, ebenfalls südlich der Pyrenäen im Gebiet des heutigen Hegoalde [Anmerkung: Hegoalde ist der Sammelbegriff für die "südlichen" bzw. spanischen baskischen Provinzen, d. h. Bizkaya, Alava, Gipuzkoa und Navarra], wird es mittlerweile gemeinhin als Vorgänger des modernen Baskischen akzeptiert."

Na ja, ob nun angenommen oder nicht. Wenn diese Beziehung wirklich bestünde, wären wir mit der Herkunft des Baskischen auch nicht viel weiter. Selbst wenn eine Annahme "gemeinhin" als gültig "akzeptiert" wird, so muß sie noch lange nicht wahr sein. Sicher ist nur, dass das Baskische die bunte Kuh unter den Sprachen der Welt ist und bleibt. Niemand kann sicher sagen, aus welchem Stall Euskera kommt. Aus Babel jedenfalls nicht, sonst müßte es mit irgendeiner anderen Sprache verwandt sein.

Bleibt nur die Frage, woher die Basken selbst kommen. Sind die etwa auch nicht mit den europäischen Nachbarn verwandt? Versuchen Sie mal vorzulesen, was die Legende zu dieser nationalen Schicksalsfrage sagt (Erklärungen sind klein unter den Text geschrieben):



Euskal herri-ko lehen-en-go biztanle-ak inor-k ez daki
baskisch Land-REL früh-SUPERL-REL Einwohner-Art
Pl-(Abs)
niemand-ErgTr Neg wissen.

Prs:3sA.3sE


no-n-dik no-ra-ko-ak dira-n. Batzu-e-k diotenez Asia-tik etorr-i-ak
wo-Lok-Abl wo-All-Rel-ArtPl-(Abs) Auxl.

Prs:3pA-Kompl


manch-ArtPl-Erg sag-

Prs:3sA.3sD.3pE


Asien-AblTr komm-Prf-ArtPl-(Abs)
ditugu beste-en iritzi-z berri-z Afrika-tik etorr-i zira-n.
Aux2.Prs:3pA.1pE ander-GenPl Meinung-TrInstr neu-Instr Afrika-AblTr komm--Prf Auxl.Prt:3pA-Kompl
Eta ba-dira Atlantida ugarte-tik etorr-i-ak dirala uste
und Aff-Auxl.Prs:3pA Atlantis Insel-AblSg komm-Prf-Art
Pl-(Abs)
Auxl.Prs:3pA-
Kompl
glauben
dute-n-ak ere.          
Aux2.Prs:3pA.1pE-
Rels-ArtPl-(Abs)
auch          

Für die, die das nicht verstanden haben (leicht geändert aus dem Strukturkurs Baskisch übernommen):

"Die Bewohner des Baskenlands. Niemand weiß, woher "wohinnige" sie sind. In der Meinung einiger haben wir sie als aus Asien Gekommene. In der Meinung mancher haben wir sie als aus Afrika Gekommene. Und es gibt auch daran, dass sie von der Insel Atlantis Gekommene sind, Glaubende." (ungefähre Übersetzung ohne Gewähr)

Die Legende weiß also nichts Genaues. Die Wissenschaft kommt dagegen zu einem ziemlich eindeutigen Ergebnis:

Vor etwa 40.000 Jahren soll der Homo sapiens sapiens (von lat. sapiens = weise, einsichtsvoll, verständig, klug) auch das Gebiet des heutigen Baskenlands betreten haben. Rund 7000 Jahre ist das erste Skelett aus einer Höhle bei Urtiaga, Gipuzkoa alt. Die gefundenen Schädel zeigen eine fast völlige Übereinstimmung mit denen der heutigen Basken. Die "alten" Basken gehörten demnach zum Cro-Magnon-Typus des Homo sapiens sapiens (nach dem Fundort in der Halbhöhle "Cro-Magnon" im Vézèretal in der Dordogne so genannt). Er gilt als "moderner" Europäer wie wir heute auch. Kleine Unterschiede bei den Basken (negativer Rhesusfaktor 30 statt 15% wie im übrigen Europa) sind auf regionale Weiterentwicklungen zurückzuführen.

Halten wir fest, die Basken sind ganz gewöhnliche Europäer. Aber sie sprechen eine seltsame Sprache, die mit keiner anderen Sprache dieser Erde und schon gar nicht mit einer europäischen (mit Ausnahme des toten Aquitanischen vielleicht) verwandt ist. Irrtum scheint unmöglich.

Und nun kommt etwas sehr Merkwürdiges.

Dem Tübinger Indogermanisten Hans Krahe war in den 1950er-Jahren aufgefallen, dass die Gewässernamen Europas sowohl in der Wortsubstanz als auch im Wortbau überraschend einheitlich sind – und zwar im gesamten Gebiet von der Pyrenäenhalbinsel bis nach Großbritannien, von Südskandinavien bis zum Baltikum. Auch der Münchner Linguist Theo Vennemann hält die Ähnlichkeit der Fluss- wie auch der Ortsnamen in Europa keineswegs für Zufall (Ursprache der Europäer, Spektrum der Wissenschaft 05/2002). Während Krahe die Wortbausteine aber aus einer idg. Wurzel abzuleiten versuchte, führt Vennemann sie auf das uralte Baskische zurück. "Wie können die Orts- und Gewässernamen auf der Iberischen Halbinsel das gleiche Gepräge wie im übrigen Europa haben, wenn idg. Stämme erst im ersten Jahrtausend vor Christus nach Spanien kamen?", fragt er.

Die Namen dürften schon bald nach der letzten Eiszeit (also vor etwa 10 - 15.000 Jahren) vergeben worden sein, so glaubt Vennemann. Er folgert daraus, dass man zu dieser Zeit in Europa noch "Vaskonisch", eine Art "Urbaskisch", gesprochen habe. Dieses sei daher die einzige noch lebende vorindogermanische Sprache dieses Kontinents.

Auf dem ursprünglich von den Urbasken besiedelten europäischen Kontinent seien viel später erst die zahlenmäßig weit unterlegenen Indogermanen "vor ca. 7.000 Jahren" von Osten her vorgedrungen. In ganz Europa seien die Menschen daher auch noch heute mehrheitlich mit dem vorindogermanischen Volk der Basken eng verwandt.

Auch andere Wissenschaftler tragen inzwischen Befunde zu dieser Theorie bei. Unterstützung findet der Münchner Professor beispielsweise in der Genforschung. Demnach gehen 80 Prozent der heute lebenden Europäer auf dieselbe Urbevölkerung, nämlich den Cro-Magnon-Typus zurück, unter den heutigen Basken ist der Anteil noch höher.

Nur 20 Prozent der heutigen Europäer können daher von den jungsteinzeitlichen Bauern abstammen, die die Überbringer von Ackerbau und Viehzucht waren: den "Indogermanen". Früher nahm man an, diese seien westrussische nomadisierende Reitervölker gewesen, nach neuester Auffassung dürften sie dagegen als friedfertige anatolische Landwirte zu uns gekommen sein. Auf einer langsam voranschreitenden Ausbreitungswelle. Der Fachmann nennt das "demische Diffusion", das hört sich irgendwie klüger an.

Demnach wären wir Europäer eigentlich (fast) alle Urbasken. Wir Basken gehören zum Cro-Magnon-Typus (Homo sapiens sapiens) und sprachen früher "Vaskonisch". Dann kamen die ausländischen Bauern und haben uns ihre idg. Sprache gebracht. Unsere eigene Sprache, das "Vaskonische" hat sich in Europa nur als Substrat erhalten. So nennt man die "Sprache einer Vorbevölkerung, die in einem Sprachraum in Reliktwörtern, wie geographischen Namen bewahrt ist, häufig auch in einer bestimmten Lautgebung fortwirkt." Lediglich ein aufrechtes Fähnlein von uns hat nach dieser Theorie seine Sprache beibehalten und lebt heute zurückgezogen im Baskenland.

Die Bauern "aus dem Osten" sollen uns aber nicht nur ihre Sprache sondern auch die Kultur aus ihrer nach wie vor noch etwas umstrittenen Heimat gebracht haben. Der Ackerbau (lat. cultura agri) und die Viehzucht werden als Kulturleistung ersten Ranges betrachtet, das lateinische "cultura" ist zum Inbegriff des Fortschrittes und der menschlichen Bildung geworden. "Cultura" hat im Lateinischen daher auch die Bedeutung "Ausbildung" (lat. cultura animi) oder gar "Verehrung".

Ist diese Theorie nicht ein bißchen merkwürdig? Unsere europäischen Vorfahren, die Cro-Magnon-Menschen (oder Urbasken), haben grob gerechnet vor 25.000 Jahren in Südfrankreich Zeugnisse einer wahren Explosion des geistigen Lebens hinterlassen. Nirgendwo finden sich weltweit auch nur annähernd vergleichbare Spuren aus dieser Zeit. Noch heute stehen wir andächtig vor ihren einmaligen Kunstwerken und bewundern ihr hohes technisches Können. Die Höhlenmalereien von Lascaux stellen eine bis dahin unerreichte kulturelle Höchstleistung dar.

Auf diesem Entwicklungsstand sollen wir Urbasken dann viele Tausende von Jahren stehen geblieben sein, im geistigen Tiefschlaf sozusagen. Bis dann "erst in den letzten 10.000 Jahren aus Zentralasien oder dem Nahen Osten" ein paar Bauern und Viehzüchter angekommen sind. Anschließend sind diese ("vor ca. 7.000 Jahren") auf dem Kontinent von Osten her vorgedrungen und haben uns Cro-Magnon-Menschen ihre Sprache und Kultur gebracht.

Der "Indogermane", das unbekannte Wesen, als Kultur- und Sprachbringer. Der sagenhafte Einwanderer, der von irgendwo Eulen nach (zur) Cro-Magnon trägt. Stimmt das? Weiß jemand wirklich, wo die uns so überlegenen Leutchen mit ihren Hacken und Ochsen entsprungen sind? "Als Urheimat der Indogermanen galt in der älteren Forschung lange Zeit Zentralasien, dann vermutete man ihr Herkunftsgebiet in Nord-, Mittel- und Osteuropa; die jüngere Forschung schließlich grenzte ihre Heimat auf Mittel- bzw. Osteuropa ein. Eine weitere Theorie geht davon aus, dass das ursprüngliche Kerngebiet der Indogermanen im (Nahen?) Osten lag; dann bewegten sie sich nach Westen und verteilten sich von dort aus."

Auf Deutsch gesagt ist bisher gar kein "indogermanisches" Stammgebiet zweifelsfrei nachgewiesen. Das sind alles nur Annahmen, die lediglich "gemeinhin" als zutreffend "akzeptiert" werden. Aber eben nicht von allen, denn es existiert eine Vielzahl von alternativen Theorien zur europäischen Früh- und Urgeschichte.

Angesichts der Ungereimtheiten des bisherigen Bildes von den "Indogermanen" kann es nicht überraschen, dass es auch zur Sprachgeschichte unzählige Verbesserungs- oder Gegenvorschläge gibt. Es sollte daher die ketzerische Frage erlaubt sein, ob an der bisherige Theorie von den "Indogermanen" und dem "Indogermanischen" nicht etwas Grundsätzliches falsch ist.

Dazu ein paar allgemeine Gedanken. Das "Indogermanische", das Baskische und überhaupt alle Sprachen dieser Erde müssen irgendwann einmal entstanden sein, denn Sprachen fallen ja nicht fertig vom Himmel. Es werden daher auch zahlreiche Entstehungstheorien gehandelt. Allen gemeinsam ist die Überzeugung, dass es eine (oder mehrere) Ursprachen gegeben haben muss.

Da das Baskische und die idg. Sprachen nach dem Stand der Erkenntnis nicht miteinander verwandt sind, müsste das auch für das mutmaßliche "Vaskonische" und das ebenso mutmaßliche "Indogermanische" gelten. Es könnte nun sein, dass beide bereits Ursprachen sind. Sollten jedoch das "Vaskonische" und / oder das "Indogermanische" selbst noch keine Ursprachen sein, so müßten sie jeweils auf eine eigene Ursprache zurückgehen. Und diese (nennen wir sie die "vaskonische" Ursprache und die idg. Ursprache) können eigentlich nicht miteinander verwandt sein.

Damit ergibt sich folgender möglicher Zusammenhang:

"vaskonische" Ursprache => "Vaskonisch" => Baskisch
idg. Ursprache => "Indogermanisch" => heutige idg. Sprachen

Das bedeutet, dass die "Ururbasken" und die "Urindogermanen" eine völlig voneinander getrennte Sprachgeschichte gehabt haben müssten. Beide Gruppen zählen zu den Homines sapientes sapientes. Die einen lebten als Cro-Magnons in Europa, die anderen irgendwo "in Mittel- bzw. Osteuropa" oder "im (Nahen?) Osten".

Können diese Ortsangaben noch unsicher sein, so scheint das für das "Indogermanische" nicht zu gelten. Denn eine beachtliche Zahl von Wörtern dieser fiktiven Sprache ist bereits erschlossen und "gemeinhin" wissenschaftlich anerkannt. Diese idg. Wurzelwörter (mit * gekennzeichnet) wurden durch Vergleich aus dem Wortschatz der belegten jungen und uralten idg. Sprachen rekonstruiert. Dazu wurden die sprachlichen Veränderungen, besonders die Lautverschiebungen, genauestens erforscht und klare Regelmäßigkeiten erkannt. Die daraus abgeleiteten "Sprachgesetze" stehen im Einklang mit den Beobachtungen und gelten infolgedessen als unumstößlich.

Genau das müssen sie aber nicht sein. Auch in der mittelalterlichen Astronomie glaubte man an die Unverrückbarkeit von "himmlischen" Gesetzen. Die von der Erde aus beobachteten Zickzackkurven eines Planeten störten daher kaum jemanden, denn sie folgten ja entsprechenden festen Regeln. In Wahrheit liefen die Himmelskörper jedoch auf einfachen elliptischen Bahnen. Die irdische Beobachtung an sich stimmte, nur die Erklärung war falsch.

Was soll man also von einer Theorie halten, die auf zutreffenden Beobachtungen beruht und dennoch nicht einleuchtende ("plausible") Ergebnisse liefert?

Nehmen wir zum Beispiel das von der Wissenschaft rekonstruierte "indogermanische" Wort für Feuer, *ngni (nach Szemerényi, "Einführung in die Vergleichende Sprachwissenschaft", Aufl. 1990, S. 187). Es genügt schon, den Zungenbrecher laut auszusprechen, um zu hören, dass wohl kaum einer so "beknackt" gesprochen haben kann. Auch wenn bereits unter Sprachforschern die verzweifelte Frage aufkommt, ob die Urmenschen schnalzend und schmatzend kommunizierten. (DIE ZEIT, 14/2003, Der erste Zungenschlag, von Tobias Hürter)

Herr Hürter schreibt: "Die Fantasie von Sprachforschern schweift gern in die ferne Vergangenheit, zum Ursprung ihres Forschungsgegenstands. Wie mag es sich angehört haben, als unsere Ahnen lernten, Schallwellen mit Bedeutungen zu beladen? Wie ein Grunzen vielleicht? Ein Brummen? Ein Japsen oder Bellen? Zu dumm, dass Sprache keine Fossilien hinterläßt, die Ordnung in die gelehrte Kakofonie bringen könnten...Nun glauben amerikanische Genetiker und Anthropologen, im Erbgut von Afrikanern Hinweise darauf gefunden zu haben, dass sich diese bizarren Intonationen seit den Anfängen der Sprache gehalten haben."

Der endgültige Beweis liegt jedoch nicht in Afrika, sondern vor unserer Haustür.

Bei ihrer Wortbastelei vergleichen die Wissenschaftler immer einander entsprechende Wörter möglichst aus allen schriftlich belegten Sprachen. In diesem Falle diejenigen, die "Feuer" bedeuten. Im Lateinischen lautet das Wort für "Feuer" ignis, im Sanskrit agni (im heutigen Indien immer noch "agni", nach dem eine indische Rakete benannt ist), im Russischen ogonj (Brand), im Polnischen ogien, im Serbo-Kroatischen oganj, im Tschechischen ohen, im Albanischen ohen, im Lettischen uguns, im Türkischen yangin und so weiter.

*ngni klingt also auf den ersten Blick überzeugend. Doch bei genauer Betrachtung hat das (nach den Regeln der Vergleichenden Sprachwissenschaft ermittelte) Kunstwort leider einen kleinen Schönheitsfehler.

Im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm steht unter FEUER:

"... auffallend aber ist das der bairischöstreichischtirolischen mundart eigene ... kenten, incendere. SCHMELLER 2, 308. HÖFER 2, 126. FROMMANN 3, 105. 458. 6, 294, entsprechend dem altn. kinda, engl. kindle ..."

Das von Grimms genannte (lat.) incendere bedeutet anzünden, in Brand setzten. Verwandte Wörter (Bindestriche zunächst willkürlich gesetzt) sind:

kent-en (bairischöstreichischtirolischen mundart) = anzünden, in Brand setzten
in-cend-ere (lat.) in-cendo, cend-i, cen-sum = anzünden, in Brand setzten
ac-cend-ere (lat.) ac-cendo, cend-i, cen-sum = anzünden, in Brand setzten
in-cend-io (ital.) = Brand, Feuersbrunst
in-cend-iare (ital.)= in Brand stecken
ac-cend-ere (ital.) il fuoco = das Feuer (fuoco) anzünden
in-cend-ier (franz.)= anzünden
kind-a (altn.) = in Brand stecken, anstecken, anzünden; entfachen
kind-le (engl.) = in Brand stecken, anstecken, anzünden; entfachen

Die Lautfolgen kent, kind, kind, cend, cand und cen enthalten demnach die Botschaft "Feuer entfachen, anstecken, anzünden". Die Ähnlichkeit mit i-gnis, a-gni, o-gonj, o-gien, o-ganj, o-hen, u-guns, yan-gin weckt daher den Verdacht, es könne sich bei ignis und den anderen um "angezündetes" (also nicht natürlich entstandenes) Feuer handeln. Bedeutete (lat.) ignis ursprünglich "Angezündetes"?

Und wie wurde (wenn das stimmen sollte) angezündet? Durch das Aufbewahren und Wiederentfachen alter Glut? Mit dem Feuerstein?

Mit Hilfe von Reibung? Die Antwort liegt in Nord- bzw. Mitteleuropa und ist einfach:

i-gnit-e (engl.) = entzünden,
gni (norw.) = reiben,
gnide (dän.) = reiben und
knit-en (ahd.) = reiben.

Die Lautfolgen gnit (für entzünden) einerseits und gni, gnid knit (für reiben) andererseits führen zu dem zündenden Schluss: Offenkundig hat man früher anreiben (an-knit-en oder in-knit-en) gesagt. Das "Anreiben" hat dann später die Bedeutung "Feuer" angenommen. Das ist nicht ungewöhnlich. So sagen wir heute zum Beispiel Tempo und meinen Papiertaschentuch. Die enge Verbindung von Reiben, Entzünden, Feuer etc. findet sich (bevorzugt) in den "germanischen" Sprachen häufiger:

Zur aufreibenden Familie gehören auch:

gneista (ahd.) = Funke,
Gneis (dt.) (weil er so funkelt, Brockhaus, {mhd. gneist = Funke}),
knistern (dt.) (gedankliche Verbindung zur Funkenbildung),
ignition (engl.) = Zündung,
auhns (got.) = Ofen (nach "Die gotische Bibel" von Wilhelm Streitberg, Zweiter Teil, 2. Auflage, 1928, S.14 zweifelhaft),
candle (engl.) = Kerze,
kentilastap (ahd.) = Leuchter,

Gnitzen [von gnitte (mhd.) = "stechendes Tier" = Bartmücken (wohl auch wegen der wie Feuer brennenden Quaddeln)],

Gnitaheide (Sie ist nach Edda der Ort, an dem der Kampf zwischen Sigurd {Siegfried} und dem Drachen {Fafnir} stattfindet, Brockhaus Band 8, S. 659, Näheres zu dieser "Feuerheide" siehe muspilli {"Moor verschwelt, steht in Lohe der Himmel"})

Verwandt dürfte auch der (dt.) Kien-span [aus Kienholz, (ahd.) chin Fackel aus harzreichem Holz (Brockhaus)] sein. Ebenso der

Gni(e)st, kniest, gneist (siehe Deutsches Wörterbuch) = (Zitat) der kniest wird heute kaum noch gefördert, es handelt sich um einen älteren ausdruck der bergmannssprache (s. auch unten LASIUS), der heute nur noch im geologischen schrifttum gebräuchlich ist, vgl. WOLFF die erzlagerstätte des Rammelsberges, zs. f. d. berg-, hütten- u. salinenwesen 61 (1913) 457, bes. 459f., 478ff., 503f.; BORNHARDT gesch. d. Rammelsberger bergbaues, archiv f. lagerstättenforschung (1911) heft 52: da man die erze im Rammelsberge durch feuersetzen gewinnt, so musz man sich sehr in acht nehmen, dasz man diesem brennbaren schiefer, den der bergmann kniest nennt, nicht zu nahe komme G. S. O. LASIUS beobachtungen üb. d. Harzgebirge (1789) 1, 114; (Zitat Ende)

Auch das koreanische kida (= anzünden) gehört wohl entfernt zur aufreibenden Familie, ihm ist auf der langen Reise von Europa lediglich das "n" verloren gegangen.

Was hat das alles zu bedeuten? Das weltweit verbreitete "indogermanische" Wort für Feuer kommt von "reiben" und es verweist eindeutig auf ein mittel- oder nordeuropäisches ("germanisches") Original. Selbst südeuropäische Wörter wie candela (lat.) = Wachskerze, Talgkerze; candere (lat.) candeo candui = glänzend weiß sein, schimmern, erglänzen; glühen und cena (lat.) = Hauptmahlzeit, Essen, Gastmahl gehen auf diese offensichtlich nordische Wurzel zurück. Das spricht für meine Theorie von der Entstehung der Sprache und bedeutet, dass die vermeintliche "1. Germanische Lautverschiebung" ein Hirngespinst ist. Nicht bei den "Germanen" sondern bei den anderen haben sich die in Rede stehenden Laute verschoben. (Natürlich hat es auch bei "uns" höchst bemerkenswerte Lautverschiebungen gegeben, von denen hat die Sprachwissenschaft jedoch (vielleicht wegen ihres falschen Blickwinkels) bisher keine Notiz genommen.)

(Ahd.) kniten ist nach meiner Theorie aus den Urwörtern gi + ni + tan organisch hervorgegangen. Es bereitet (allein aus diesem Grunde) den "Einheimischen" keine Probleme. Die Lautfolge kni stellt jedoch für den "Fremdsprachler" einen Zungenbrecher dar. Darum in den "eleganteren" Sprachen die Metathesis (Umstellung / Spiegelung) ni => in.

Das Feuer hat in der Geschichte der Menschheit seit jeher eine besondere Bedeutung gehabt. Es gab und gibt kaum etwas Wichtigeres für das Überleben des unbehaarten Wesens mit dem schwächlichen Gebiss. Mit Sicherheit haben unsere Ahnen schon sehr viel früher ein Wort für das Feuer gehabt, das sie wärmte, vor wilden Tieren schützte und Fleisch genießbarer machte. Schon lange, bevor sie die Nutzbarkeit der Reibungshitze entdeckt hatten. Es handelt sich bei der Rekonstruktion von *ngni also um einen offensichtlichen Fehler, weil das wahre idg. Wort für Feuer weit älter sein und anders lauten muss.

Das wirkliche "indogermanische" Wort für FEUER geht ganz ohne bizarren afrikanischen Zungenschlag über die Lippen: fir.

Sprechen Sie das mal nach. Blasgeräusch (fff) + Vokal + Knurrlaut (rrr) ergibt fir. FEUER ist immerhin nicht ganz ungefährlich. Dieses fir findet sich in unzähligen Wörtern der heutigen idg. Sprachen in leicht abgewandelter Form wieder. Sogar das koreanische bul [= Feuer, (mit kurzem u und l)] kommt daher. Mit der Lautverschiebung von f => p wurde zunächst aus fir griechisch pyr. Die Abneigung der Asiaten gegen das "r" hat dann offensichtlich zu einer weiteren Lautverschiebung von pyr => bul geführt.

Dieses linguistische Missgeschick bei einem der Schlüsselwörter der Menschheit beweist, dass die Indogermanistik trotz sorgfältiger wissenschaftlicher Arbeit zu mangelhaften Ergebnissen geführt hat. Das Spiel mit dem Feuer veranschaulicht sogar, wo die Fehlerquelle liegt. Der Blickwinkel ist falsch. Das lässt sich mit dem irrigen "geozentrischen" Denkmodell vergleichen. Seinerzeit hat man die Rolle der Sonne unterschätzt, in der Sprachwissenschaft (und nicht nur da) die besondere Stellung der "germanischen" Sprachen. Hat man zu Galileis Zeiten noch Zickzackkurven zur Erklärung für den Gang der Gestirne "gemeinhin akzeptiert", so sind es in der Indogermanistik "Lautgesetze" wie die "1. Germanische Lautverschiebung". Hier hat man Planetenbewegungen beobachtet und dort Lautverschiebungen. Beide waren nicht wegzuleugnen und trotzdem war (bzw. ist) die "wissenschaftliche" Begründung falsch.

Im weltweiten Wust unter http://people.freenet.de/thitus/index.htm (muspilli, Abschnitt "38. Vortrag Kürnbach" und "40. Das sollen Urwörter sein?") sind einige weitere fehlerhafte Rekonstruktionen genannt. Alle folgenden Verweise beziehen sich auf muspilli.

An dieser Stelle genügt die traurige Mitteilung, dass es nicht gut aussieht für die Indogermanen. Und was ist mit der baskischen Frage? Darauf eine klare Antwort: Auch die "Urbasken" (oder baskischen Ureuropäer?) mit ihrem "Vaskonisch" existieren nur im Reich der Vorstellung. Haben die "Urbasken" wirklich und nachweislich in ganz Europa gelebt? Wo kommen sie her und wann trafen sie auf die Indogermanen, deren Heimat "wohl" "in Mittel- bzw. Osteuropa" oder "im Osten" lag? Vermutungen über Vermutungen.

Halten wir uns daher lieber an die harten Tatsachen. Wir haben einerseits die idg. Sprachfamilie, die sich etwa 5000 Jahre zurückverfolgen lässt, und andererseits die baskische Sprache mit schriftlichen Aufzeichnungen seit höchstens 600 Jahren. Außerdem dürfen wir als gesichert betrachten, dass beide auf eine Ursprache zurückgehen (weil Sprachen nicht vom Himmel fallen).

Alles Weitere ist unbewiesen. Das "Indogermanische", das "Vaskonische", eine "vaskonische" Ursprache oder eine "indogerm." Ursprache, alles nicht belegt. Man glaubt, aber man weiß (ehrlich gesagt) nichts.

Diese geballte Nicht-Wissenschaft ist betrüblich. Besonders weil auf der genannten Seite (muspilli) seit vielen Jahren einfach nachzulesen ist, wie unsere Vorfahren zu ihrer "indogermanischen" Ursprache gekommen sind. Dort ist alles Wissenswerte erschöpfend dargestellt, nur liest oder glaubt kaum einer die Beweisführung.

Es kann daher zur Unterstützung der wahren Sache nicht schaden, die idg. Frage mal von einem anderen Standpunkt aus zu beleuchten und sich näher mit dem seltsamen Baskischen zu beschäftigen. Auch wenn es trotz längerer Zeit des Selbststudiums noch immer schwer fällt, mehr vom Euskera zu verstehen als eine baskische Kuh vom Seiltanzen. Es wird daher vorsorglich um Verständnis für wahrscheinliche Fehler gebeten. Hilfe ist jederzeit willkommen.

Zur Annäherung an die baskischen Wurzeln machen wir eine Reise ins Paradies zum Baum der Erkenntnis. Der Homo sapiens sapiens oder "moderne Mensch" (darunter die Cro-Magnon-Mensch, also wir Europäer) ist erstmals vor etwa 100.000 Jahren aufgetreten. Ein Mensch wie Du und ich, mit dem gleichen Gehirn. Mit dem gleichen Mundwerk und genauso begabt. In der Bibel steht, dass die ersten Menschen noch im Paradies gelebt haben. Sie hatten noch nicht vom Baum der Erkenntnis gegessen. So die Bibel, in die (wie schon oft festgestellt) neben der "heiligen Botschaft" auch die Überlieferungen aus vorchristlicher Zeit eingeflossen sind. Es dürfte dieser wahre Kern des wohl uralten Textes sein, der von einer Zeit berichtet, als die Menschen angeblich noch keine Erkenntnisse hatten. Offensichtlich scheint dann irgend etwas geschehen zu sein, so dass die Menschen (nach dem Biss in den Apfel) plötzlich etwas erkannten und damit ihre Unschuld verloren. Man beachte, in der Bibel ist von Menschen die Rede und nicht etwa von deren äffischen Vorgängern.

Na raten Sie mal, was wohl die Menschen vor 100.000 Jahren noch nicht erkannt hatten. Es muß etwas sein, das heutzutage die Grundlage unserer Erkenntnisse bildet. Etwas uns völlig Vertrautes, das ihnen bis zum "Sündenfall" gänzlich unbekannt war.

Es waren wohlgemerkt die gleichen Leute wie wir, der Urururgroßvater und die Urururgroßmutter. Aber trotzdem hatten sie von irgend etwas noch keine Kenntnis. Wenn man das bisherige Wissen über Lascaux und die Bibel in Gedanken gegeneinander abwägt, dann gibt es wohl nur eine richtige Antwort. Die Menschen konnten anfangs (d. h. vor 100.000 Jahren) noch nicht sprechen. Auch vor 25.000 Jahren hatten wir Menschen wahrscheinlich von Sprache, so wie wir sie heute kennen, noch nie das Leiseste gehört. Über den unendlichen Zeitraum von 75.000 Jahre hinweg konnten die Menschen nicht sprechen. Sie konnten es nicht, weil auch ihre Ur-ur-ur-ur-ur...Eltern nichts zu sagen vermochten. [Legen Sie die Zeitangaben bitte nicht auf die Goldwaage, sie spielen für den Sinnzusammenhang keine übergewichtige Rolle. Es kommt auf ein paar tausend Jahre hin oder her nicht an.]

Unsere Ahnen waren genauso wenig auf den Kopf gefallen wie wir. Doch in diesem einen Punkt unterschieden sie sich von uns. Sie hatten noch nicht erkannt, dass man mit Lauten viel mehr anstellen kann, als sie das bisher schon immer getan hatten. Sie brachten daher keinen müden Satz, nicht einmal ein einziges Wort über ihre Lippen. Das klingt verrückt.

Das ist wirklich unvorstellbar, denn Wilhelm von Humboldt (siehe Abschnitt 03. Für Lucy) hat gesagt, dass die Sprache gleichsam die äußerliche Erscheinung des Geistes sei. Daraus folgt, dass Menschen mit Hirn und Verstand auch (wenigstens über kurz oder lang) sprechen müssten. Wenn man dagegen eins und eins zusammenzählt, so haben unsere Ahnen das bis zu jenem denkwürdigen Zeitpunkt vor vielleicht 25.000 Jahren nicht getan. Erst zu diesem Zeitpunkt "aßen sie vom Baum der Erkenntnis". 75.000 Jahre wären sie dann ohne das ausgekommen, was wir heute unsere Sprache nennen. Das ist unglaublich, doch dafür gibt es deutliche Hinweise.

Immer wieder finden sich Haushaltsgeräte, Waffen und Kunstgegenstände oder Schmuck unserer Vorfahren. Für den Zeitraum von ungefähr 100.000 bis etwa 25.000 Jahren vor heute zeugen diese Funde von einer bis dahin unerreicht hohen Intelligenz.

Vor vielleicht 25 000 Jahren geschieht dann plötzlich etwas sehr Bemerkenswertes. Die bisher verhältnismäßig schlichten Gegenstände werden auffallend feiner bearbeitet und wirken wie von Meisterhand hergestellt. Selbst heute könnte niemand die Waffen mit den damaligen Mitteln besser anfertigen. Der Schmuck ist nun auch für moderne Begriffe an Schönheit nicht zu übertreffen und die Kunstwerke finden wir heute ebenso großartig wie ihre Schöpfer. Die reicheren Grabbeigaben, ebenso wie die Malereien (zum Beispiel von Lascaux), lassen erkennen, dass sich auch die Gedankenwelt der Menschen erweitert hat und die Vorstellung von einem Jenseits die Gemüter der Menschen verstärkt beschäftigt.

Wie konnte es zu diesem unverhofften Wandel kommen? Haben sich die Gehirne vergrößert? Hat es irgend eine andere körperliche Weiterentwicklung gegeben? Die Biologen sagen nein. Die Menschen sind seit 100.000 Jahren die gleichen. Das kann man sich zwar schwer vorstellen. Schließlich scheinen wir unseren Vorfahren kulturell und technisch sooo weit voraus zu sein. Doch machen Sie es sich bitte noch mal ganz klar, die Leute waren nicht irgendwelche Halbaffen. Sondern es waren unsere Urur...großeltern und daher genau so schlau wie wir. Es gibt daher nur eine vernünftige Erklärung für den plötzlichen Aufschwung der Menschheit, der sich nicht nur in Südfrankreich nachweisen lässt.

Zu diesem Zeitpunkt wurde eine neue Sprache erfunden. Genauer gesagt, es wurde das erfunden, was wir heute allgemein Sprache nennen. Eine Sprache aus Wörtern und Sätzen. So etwas wie die französische Sprache zum Beispiel.

Die Erfindung einer neuen Sprache war im Grunde überhaupt nicht erforderlich, denn es gab ja bereits mehrere hervorragend geeignete Sprachen. Sprache ist der Gebrauch gleichbleibender (Laut-) Zeichen zur Verständigung.

Körpersprache ist nach dieser einfachen Definition auch eine Sprache. Und wir Menschen verstehen uns ganz hervorragend auf das Mienenspiel als Ausdruck unserer Gefühle, Stimmungen oder Wünsche. Die Gestensprache beherrschen wir ebenfalls perfekt. Tippen Sie sich mal an die Stirn, wenn auf der Autobahn so ein nackter Affe im Mercedes zu dicht auffährt. Oder ballen Sie die Faust und strecken Sie nur den kleinen Finger gleichzeitig mit dem Zeigefinger ab. Das wirkt hervorragend, besonders in Italien. Der Mensch besitzt eine Schauspielerbegabung, wie sie sich im Tierreich nirgends findet.

Hinzu kam eine hoch entwickelte Lautsprache aus bis zu 50 deutlich unterscheidbaren einzelnen Lauten. Diese Laute waren nach unserem heutigen Verständnis noch keine Wörter. Wörter bestehen ja in der Regel aus mehreren Einzellauten und haben eine ziemlich bestimmte Bedeutung. Wörter werden aus mehreren Lauten "artikuliert". Die Einzellaute der Urzeit waren im Vergleich dazu noch keine Wörter, sondern es waren noch einfachere Lautzeichen mit einer viel allgemeineren Aussagekraft. Im Zusammenhang mit der jeweiligen Gelegenheit und der Körpersprache stellten sie jedoch ein bis dahin in der Natur unübertroffenes Verständigungsmittel dar.

Deutlich zu unterscheiden könnten (zum Beispiel) folgende Einzellaute gewesen sein:


Lautzeichen Bedeutung (nur einige Beispiele)
d d d alle Dinge (Menschen, Tiere, Pflanzen, Gegenstände), deuten, "da ist etwas", "der da", "die da", "guck mal da", "gib mir das" usw.
r r r Angst, gefährlich, Abwehr, Gefahr, böse, "ein Bär kommt", "haut ab!" usw.
o o o groß, Erstaunen, schön usw.
s s s Schmerz, "es ist kalt", "heiß", "verbrenn dich nicht" usw.
m m m angenehm, "schmeckt gut", "bei dir fühl ich mich wohl", "ja" usw.
i i i Überraschung, Ekel, "geh weg", "nein" usw.

Dank ihres hochentwickelten Gehirns dürften unsere Ahnen ihre Gebärden-, Gesten- und Lautsprache sogar um einiges besser "gehandhabt" haben, als wir uns das heute vorstellen können. Einfach weil wir heute die neue (aus Wörtern bestehende) Sprache benutzen und nicht mehr so auf die übrigen Zeichen unserer Mitmenschen achten wie sie. Ohne Zweifel waren sie aber schon bis zu diesem denkwürdigen Zeitpunkt vor 25.000 Jahren allen anderen Lebewesen einschließlich ihrer behaarten Verwandten weit überlegen.

Dem Menschen waren bereits zwei, überall in der Schöpfung altbewährte, Sprachen in die Wiege gelegt. Warum sollte er dann eine zusätzliche dritte verlangen? Eine, die noch nie auf diesem Erdball erschallt war? Er war doch bereits der Herrscher, was wollte er denn mehr?

Genau betrachtet liegt die Erfindung einer Wörtersprache ja auch gar nicht in seiner Natur. Wenn Kleinkinder ganz für sich allein aufwüchsen, ohne jemals eine neue Sprache zu hören, so würden sie ihre angeborene Körper- und Lautsprache benutzen und keine andere entwickeln. "Isoliert man einen einzelnen Menschen sprachlich, so bleibt er ... sprachlos" (Derek Bickerton).

Und würde unser Sprachgedächtnis gelöscht, dann fielen wir auf unsere angeborene alte Laut- und Körpersprache zurück. Selbst ein Professor der Linguistik würde dann nicht mehr verkünden, dass ihm "diese Mahlzeit ausgezeichnet gemundet" habe, sondern ein freundliches Gesicht ziehen, sich den Bauch reiben und "mmm" machen.

Sie meinen, der Gelehrte würde sofort wieder eine eigene Wörtersprache erfinden? Mit aller allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht! Er weiß ja gar nicht was das ist! Er hat doch noch nie etwas davon gehört. Er kennt nur die alte "natürliche", die schon die Ahnen seit Zehntausenden Jahren "einsetzen". Und schlauer als diese ist er leider auch nicht.

Zugegeben, es wurden in der Vergangenheit immer mal wieder neue Sprachen geschaffen, gerade von Kindern. Wie in jüngerer Zeit das "Pidgin" oder die "Kreolsprachen". Aber diese Menschen hatten bereits Bruchstücke anderer neuer Sprachen gehört, sonst hätten sie das nicht geschafft. Das ist der entscheidende Unterschied. 75.000 Jahre "sprachloser" Geschichte beweisen, dass der menschliche Sprachmotor ohne einen derartigen Zündfunken in aller Regel nicht anspringt.

Ohne irgendeine noch so kleine sprachliche Anregung hätte selbst der kluge Herr Professor das (Rede-)Pulver also nicht erfunden. Ohne Zündung kommt es nachweislich nicht zu der erstaunlichen Sprachexplosion im Hirn.

Und schon gar nicht im fortgeschrittenen Alter. Denn was (Steinzeit-)Hänschen nicht lernt, das lernt Prof. Dr. Hans nimmermehr. Ganz besonders gilt das offenbar für die Sprache. Die kindliche Welt des Lernens beschreibt DER SPIEGEL 43/2003 in dem Beitrag "Jeden Tag ein neues Universum" etwa so:

Gleich nach der Geburt erkennen Babys die Stimme ihrer Mutter und zum Ende des ersten Lebensjahres verstehen sie die Bedeutung von rund 60 Begriffen. Wichtige Bausteine des grammatischen Gerüsts erwerben sie lange bevor sie sprechen. Mit zweieinhalb Jahren haben sie sich ihre Muttersprache grundlegend erobert, und wenn Schüler mit zehn eine Fremdsprache büffeln, ist das Zeitfenster für den spielerisch leichten Spracherwerb längst zugefallen. Das Lernen der Muttersprache geschieht wie von selbst. An die ersten so prägenden dreieinhalb Lehrjahre können wir uns nicht einmal erinnern, weil das bewusste Langzeitgedächtnis noch nicht angelegt ist.

Die ersten Lebensjahre entscheiden gleichzeitig auch darüber, welche der im Überschuss vorhandenen Kontaktstellen (Synapsen) zwischen den rund 120 Milliarden Nervenzellen unseres kindlichen Gehirns beibehalten und welche nicht benötigt werden. Häufiger beanspruchte Gedankenbahnen werden verstärkt, andere verkümmern. Nur im Kindesalter bildet das Gehirn jene Gleise aus, in denen das Denken später verläuft. Erfolgt aus irgendeinem Grunde keine sprachliche Anregung, so ist im Alter, was die Sprache anbelangt, der Zug längst abgefahren.

"Das deutsche Bildungssystem versagt bereits im Kindergarten", befindet DER SPIEGEL im Hinblick auf die unangemessene Förderung der heutigen Kleinen. Er kann sich trösten, früher war es noch schlimmer. Vor Urzeiten konnten Mütter ihren Babys nicht mal eine Sprache vermitteln. Weil sie selbst keine gelernt hatten, die sie hätten weitergeben können.

Wir halten unsere heutige Sprache für selbstverständlich. Ein Leben ohne den regen Austausch der Meinungen, die Nachrichten oder einfach nur den täglichen Klatsch und Tratsch scheint undenkbar. Wir meinen, die neue Sprache sei ein Teil des Menschen. Genau das ist sie aber nicht.

Ganz anders verhält es sich mit der Fähigkeit zu dieser neuen Sprache. Das Gehirn und die Sprechwerkzeuge sind bereits seit 100.000 Jahren ausgebildet, genauso wie die ursprünglich für wärmedämmende Zwecke ausgebildeten Federn für den Flug. Der Mensch kann sprechen, muss es aber nicht.

Vor 25.000 Jahren hatten unsere Vorfahren, das ist der einzig mögliche Schluss, überhaupt noch keine neue Sprache und sie hatten auch noch niemals eine gehört. Nicht von anderen Menschen und auch nicht zum Beispiel vom Neandertaler. Sie müssen sie selbst erfunden haben. So eine Erfindung muss ein verteufelt seltenes Ereignis sein, wenn sie erst nach 75.000 Jahren Menschheitsgeschichte gemacht wurde.

Es könnte natürlich sein, dass die Menschen auf der Erde so weit verstreut und einsam gelebt haben, dass sie von einander nie auch nur das Geringste gehört hätten. Weder unmittelbar selbst, noch über Dritte. Sie hätten die Sprache dann völlig auf sich allein gestellt herausfinden müssen. Bei den afrikanischen Khoisan-Sprachen, die durch ihre ungewöhnlichen geschnalzten Konsonanten auffallen, könnte es sich vielleicht um so eine völlig eigenständige Erfindung handeln. Bei vielen anderen besteht jedoch der Verdacht, dass sie mittelbar oder unmittelbar auf das Ereignis vor 25.000 Jahren zurückgeführt werden können.

Denken Sie an das Pidgin. Es ist nicht erforderlich, eine bereits vorhandene Sprache zu übernehmen, um sich verständigen zu können. Es scheint zu genügen, Brocken einer Sprache lediglich zu hören, um dann zu einer eigenen sehr unterschiedlichen Sprache zu finden.

Wenn ich sie a) übernehme, wird sie sich im Laufe der Jahrtausende gegenüber dem Original zwar stark verändern (wie bei den idg. Sprachen). Sie wird aber bei näherer Untersuchung die gemeinsame Wurzel noch erkennen lassen. Diese ist bei der idg. Familie ja daher auch erst spät entdeckt worden.

Wenn ich sie dagegen b) nur mal höre und nach dieser Zündung meine eigene neue Sprache entwickele, so wird diese sich wahrscheinlich von der Zündsprache wesentlich stärker unterscheiden und den gemeinsamen Ursprung noch weit schwerer erkennen lassen.

Bleiben wir bei der Bezeichnung "Sprache", wenn wir von der neuen Wörtersprache reden, und malen uns aus, wo wir heute ohne sie stünden.

Wir hätten noch nicht "vom Baum der Erkenntnis gegessen". Und wir wüssten noch nicht, was Sünde ist.

Im Brockhaus steht unter dem Stichwort Erkenntnis: "der Vorgang der Einsicht (das Erkennen), durch den ein dem betrachteten Sachverhalt adäquates Wissen erworben wird; auch das Ergebnis dieses Prozesses, das Erkannte. Grundsätzlich wird meist zwischen einer unmittelbaren durch Anschauung oder Intuition erworbenen Erkenntnis, und einer mittelbaren, durch begriffliche Vermittlung (diskursives Denken) gewonnenen Erkenntnis unterschieden."

Wir haben heute ein für allemal erkannt und verfügen über das adäquate (entsprechende) Wissen, dass alles höhere Leben vergänglich ist. Ohne den Begriff des Gestern, des Heute und des Morgen, als geschichtslose Wesen, hätten wir schwerlich diese Erkenntnis gewinnen und unseren Mitmenschen vermitteln können. Der Tod hätte ja noch keinen Namen, und was, bitteschön, ist das "Leben"? Diskursiv heißt, "von einer Vorstellung zu einer anderen mit logischer Notwendigkeit fortschreitend". Eine mittelbare, "durch begriffliche Vermittlung gewonnene Erkenntnis" ist ohne sprachliche Begriffe ebenfalls nicht möglich. Ergebnis: Wir müssen erkennen, dass ohne Worte Erkenntnis in dem beschriebenen Sinne nicht möglich ist.

Anders ist es mit dem Erkennen. Auch Tiere können erkennen und einordnen, sonst säßen Affen nicht auf Bäumen, sondern zum Beispiel versehentlich mal auf einem Löwen (oder im Mercedes). Da auch bereits Babys genau unterscheiden und in Kategorien einordnen können, konnten das unsere wortlosen Vorfahren ebenfalls. Sie unterschieden einzelne Menschen, Tiere, Pflanzen, Gegenstände, aber sie hatten noch keinen Namen für sie. Sie konnten ihren Mitmenschen auch nicht mitteilen, dass da ein Tier komme, denn den Begriff "Tier" gab es ebenfalls noch nicht. Und das Glück, die Trauer, der Hass, die Liebe? Ohne Worte sind sie nicht zu benennen, Seelenzustände sind ja nicht zu sehen.

Ohne Worte könnten wir auch nicht einsehen, dass wir alle kleine Sünderlein sind. Eine Sünde ist "in der Religionsgeschichte die Überschreitung eines geheiligten oder göttlichen Gesetzes, wodurch das Verhältnis zur Gottheit gestört wird. Die Vorstellung von "gut" und "böse" oder "recht" und "falsch" findet sich in den meisten Religionen, wobei die religiös definierte Verfehlung meist mit dem Verstoß gegen ein Tabu zusammenhängt." Vor dem biblischen Sündenfall gab es keine Worte, erst recht keine ausgesprochenen sittlichen Gesetze oder gar schriftlichen Gesetzestexte, die Menschen lebten ohne Vorschriften oder Tabus. Es gab auch noch keine Benimmregeln und keine Mahnungen eines Knigge der Steinzeit, weil es niemanden gab, der sie aussprechen konnte. Wer wollte von Schuld reden, es gab ja noch keine vereinbarten Regeln, keine Anklage und kein Urteil.

Mit d d d oder r r r lebt man noch in aller Unschuld. Man kommt dafür aber auch nicht weit. Jeder Jahrgang fängt so ziemlich von vorne an. Versuchen Sie mal, die "Zeit" oder gar die "Ewigkeit" mit den paar Tönen und unter Einsatz Ihres Körpers ihrem Nachbarn zu erklären. Auch mit ständigem Geseufze wird dem Gegenüber nicht verständlich zu machen sein, dass es nach dem hiesigen Jammertal ein herrliches Leben im Jenseits geben wird. Sie können nicht gemeinsam über Tod und Geburt sinnieren. Die Schlüsselfragen des Lebens bleiben ungestellt. Die drängendsten werden heutzutage zum Beispiel bereits von der "Kirche Jesu Christi" auf Faltblättern verteilt:

"Woher komme ich, wohin gehe ich nach dem Tod?

Was ist der Sinn meines Lebens?

Wie kann ich auf Dauer glücklich werden?

Was macht eine glückliche Familie aus?

Ist Kirche mehr als Tradition?"

Bleiben solche Lebensfragen auch ungedacht? Gibt es ohne Wörter überhaupt die Götter? Gibt es ohne Worte keine Besänftigung durch das Gebet?

Geist und Seele blieben bei dem Sprachvermögen, das der Tierwelt noch so nahe ist, in den Windungen unseres mächtigen Gehirns gefangen. Diese gewaltigste aller Erfindungen der Natur ist noch nicht erleuchtet worden, der Geist ist noch nicht voll erwacht, die Gedanken sind noch nicht frei. Schmerz und Krankheit bleiben unbeschrieben. Für Kummer, Sorgen, Verzweifelung, Hoffnung und Erlösung fehlen die Worte.

Das Leben verläuft demnach einfacher und nach unserem Geschmack eintöniger. Der Mensch fühlt sich dem Tier noch näher, versteht es vielleicht sogar besser. Seine Sinne mögen noch schärfer sein, seine Wahrnehmungen von Geräuschen, Klängen, Farben und Formen bleiben jedoch unerklärlich, das Schöne ist unsagbar, das Hässliche nicht zu beschreiben.

Über den Geschmack kann noch nicht gestritten werden und die Lüge, die uns heute auf Schritt und Tritt begleitet, hatte noch niemand über seine Lippen gebracht.

Paradiesische Verhältnisse?

Nicht ganz, denn es kann auch ganz schön unangenehm werden. "Vorsicht! Von links schleicht sich ein Säbelzahntiger (oder Neandertaler) an Dich heran. Ich sehe ihn genau, er ist noch 100 m von Dir entfernt. Renn‘ in die Höhle, die ist gleich rechts neben der große Tanne, ich bin auch gleich dort." Das könnten Sie heute ihrem Jagdgefährten im lichten Buschland hinüberschreien, aber anno dazumal hätten Sie sich vielleicht mit einem schrillen o o o r r r o o o r r r begnügen müssen. Ob der Kumpel das überlebt hätte?

Wenn nur die Fährnisse und die Mühsal des täglichen Überlebens nicht wären, so könnte man trotzdem fast von paradiesischen Zuständen reden.

Lehnen Sie sich mal zurück und denken Sie darüber nach. Wahrscheinlich wird sich keiner von uns ein Leben im Paradies richtig vorstellen können. Nur eins muss klar sein. Ohne unsere Sprache wären wir genau so dran, wie unsere Vorfahren. Es erginge uns keinen Deut besser. Wir stünden auf der gleiche Entwicklungsstufe wie sie und wären auch nicht viel weiter gekommen. Denn wir sind die gleichen Menschen. Das gleiche Gehirn, die gleiche Sprachfähigkeit (das ist wichtig). Ohne die neue Sprache hätte die Menschheit nicht diesen gewaltigen Fortschritt tun können! Vielleicht versuchen Sie auch mal, nur einen einzigen Tag ohne die Sprache auszukommen. Das wird sicherlich nicht einfach, obwohl wir ja schon die Sprache kennen und unser Gehirn dementsprechend geschult ist.

Unbestreitbar ist nämlich, dass wir trotz des gleichen Gehirns heutzutage weit höhere geistige Leistungen vollbringen als unsere Urväter. Nein, nicht weil wir uns genetisch von Ihnen in irgendeiner Weise unterschieden. "Das Auftreten höherer geistiger Fähigkeiten war keineswegs das Endergebnis einer allmählichen Steigerung der Leistungsfähigkeit des Gehirns, sondern das plötzliche Nutzbarmachen eines brach liegenden Potentials", so drückt es Ian Tattersall aus.

»Nach US-amerikanischen Forschern beeinflusst die Ansprache des Säuglings die Entwicklung seines Gehirns. Psychologen und Neurologen glauben, dass die Anzahl der Worte, die pro Tag zu einem Säugling gesprochen werden, der entscheidende Faktor für Intelligenz, Schulerfolg und gesellschaftliche Kompetenz sind... "Wir wissen jetzt, dass Nervenverbindungen sehr früh im Leben geknüpft werden und das Hirn des Säuglings nur auf Erfahrungen wartet, um die entsprechenden Verknüpfungen vorzunehmen", sagte die Neurologin Patricia Kuhl von der Universität Washington. Tests von Kindern im Alter von zwei Jahren zeigten, dass die mit der geringsten Ansprache in ihrer geistigen Entwicklung weit hinter den Kindern mit der intensivsten Ansprache zurückfielen.« (Quelle: »Reden formt den Intellekt des Säuglings«, Badisches Tageblatt April, 1997, siehe auch Abschnitt "03. Für Lucy").

Tattersall vergleicht den schlagartigen Einsatz einer ungenutzten Begabung mit den Federn im Tierreich. Ursprünglich konnten sich nur Insekten und Saurier in die Lüfte erheben. Federn dienten dagegen vermutlich nur einer Reptiliengruppe zur besseren Wärmedämmung. Erst viel später stellten sie beim Erstflug eines gefiederten Lebewesens ihre vollen Möglichkeiten unter Beweis. Die Federn waren ursprünglich nützliche Anpassungen an die Kälte, bevor sie zum Fliegen adaptiert wurden. Vorher waren sie eine Exaptation (dieses Fachwort wird wirklich so geschrieben).

Das menschliche Gehirn mußte, wie die Federn als Exaptation eine schlichtere Aufgabe erfüllen, bevor es die völlig unwahrscheinliche Erfindung der neuen Sprache zu seinem geistigen Höhenflug und der vollen Nutzung seine Möglichkeiten angeregt hat.

Vielleicht werden die Philosophen eines Tages streiten, ob mit der Benennung von DU, ICH, den Dingen der Umwelt, des Raums, des GEISTES, der SEELE, von GOTT ... auch ein Wandel des Ichbewusstseins einhergeht. Sicher ist jedoch, dass Sprache zu einer körperlichen Veränderung im Gehirn führt. Es bilden sich neue Verbindungen (Synapsen) zwischen den Nerven (Neuronen), was die geistigen Kräfte günstig beeinflusst. Wir wissen bis heute nicht genau, wie wir denken. Ob in Wörtern oder Sätzen, in unserer Muttersprache oder irgendeiner anderen (Protosprache), aber eins ist wohl klar: Sprache und Geist, Geist und Sprache gehören irgendwie zusammen. Und Sprache führt zu einer höheren Stufe des geistigen Lebens.

Alles spricht demnach dafür, dass die neue Sprache nicht von Einwanderern nach Europa mitgebracht, sondern in Südfrankreich oder Mitteleuropa von einer Mitbürgerin (nicht einem Mitbürger) des Cro-Magnon-Typus (also der besseren Hälfte des Homo sapiens sapiens) vor 25.000 Jahren erfunden worden ist. Sie, nennen wir sie "Maria de Cro-Magnon", ist die Urmutter aller indogermanischen Sprachen.

Diese hohe Frau und ihr Kind haben Übermenschliches vollbracht. Man sollte ihnen beiden ein Denkmal setzen (wenn es nicht die Kirche mit dem möglicherweise ursprünglich heidnischen Bild der Mutter Gottes und dem herzallerliebsten Jesuskindlein unwillentlich bereits getan hat). Denn ohne Maria und das Kind hätten wir keine Sprache, keine Schrift, keine Vergangenheit und keine Zukunft, keine Seele und keinen Gott. Maria, die kleine Mutti mit dem Kind, sie hat unsere Sprache erfunden, beide haben unserem Gehirn das Fliegen beigebracht.

Auf welche unglaubliche Weise hat Maria de Cro-Magnon den Menschen die Sprache gebracht? Die Antwort klingt lächerlich. Sie hat mit ihrem Kind die Lautzeichen i und thi erfunden. Nicht mehr und nicht weniger. Und das war eine Großtat von ungeheurer Tragweite.

Wie beide das Wunder vollbracht haben, kann im "Abschnitt 04. Mutti" nachempfunden werden. Daher folgt hier nur kurz das Wesentliche.

Die beiden haben miteinander gespielt und dabei die Lautzeichen ICH und DU erfunden. Vorher gab es keine solchen Lautzeichen!

i = ICH war im Grunde nichts anderes als der von früher bekannte allgemeine Laut i i i = Überraschung, Ekel, "geh weg", "nein" und so weiter. i drückte im Spiel aber nicht mehr dieselbe allgemeine Stimmungslage aus wie vorher, sondern bezeichnete jetzt etwas ganz Bestimmtes, für das es früher keine Ausdrucksmöglichkeit gab: ICH. Auf die Bedeutung dieses Lautzeichens ihatten sich Mutter und Kind einfach verständigt. i war das Wort für ICH.

thi = DU entstand aus dem betont gesprochenen gewohnten d d d in Verbindung mit dem ebenfalls altbekannten i i i. Diese willentlich ausgesprochene Verbindung der beiden Laute t + i (Artikulation) ergab ein bis dahin nie gehörtes neues Lautzeichen mit der von beiden im trauten Beisammensein anerkannten Bedeutung DU. thi war wahrscheinlich das erste Wort nach 4,5 Milliarden Jahren der Erdgeschichte und i das zweite.

Auf die so einfachen Lautfolgen i = ICH und thi = DU hatten sich beide untereinander geeinigt. Nun konnten sie sich selbst als ICH und ihr Gegenüber als DU bezeichnen. Je nachdem konnte die Mutter auf sich zeigen und als ICH bezeichnen und das Kind als DU. Oder das Kind nannte sich selbst ICH und die Mammi DU.

Was brachte das für Vorteile? Werfen wir dazu einen Blick in das Buch der Lautzeichen (Wörterbuch) der Steinzeit vor 100.000 - 25.000 Jahren:

...
...
...
d = die Frau
d = der Mann
d = das Kind
d = das Tier
d = der Baum
d = das Essen
d = das Trinken
d = der Säbelzahntiger, rrr = gefährlich
d = der Mann, rrr = faß mich nicht an
...
...
...

Man sieht, die Einzellaute d d d, oder r r rkonnten alles und jedes bedeuten. Die alte Lautsprache ist im hohen Grade vieldeutig. Es gibt nur wenige Lautzeichen. Sie erlaubt daher keine tiefergehende Verständigung.

Die neue Sprache ist dagegen wesentlich unmißverständlicher. Das Buch der neuen Lautzeichen (heute sagen wir Lexikon) enthält zwar sehr viel mehr unterschiedliche Lautzeichen. Doch ist deren Bedeutung dafür deutlich genauer. Auch wenn unser Lautzeichen "Baum" alle möglichen Bäume bezeichnen kann, so kann es zum Beispiel kein Tier bedeuten. Unsere Lautzeichen sind zwar nach wie vor mehrdeutig, jedoch lange nicht mehr so wie vorher.

Hier zeigt sich eine geradlinige Entwicklung von der alten zur neuen Sprache.

Stufe 1: (100.000 – 25.000 Jahre vor unserer Zeit)
Wenige Lautzeichen (vielleicht 50) - hochgradige Vieldeutigkeit

Stufe 2: (ab 25.000 Jahren vor unserer Zeit)
Viele Lautzeichen - weniger Vieldeutigkeit

Unsere Sprache ist also immer noch vieldeutig, obwohl sie über so viele Lautzeichen verfügt. Der Sprachschatz eines durchschnittlich Gebildeten liegt immerhin bei 50.000 Lautzeichen. Eine denkbare Stufe 3 müsste wahrscheinlich mehr als das Millionenfache an Lautzeichen haben, um eindeutig zu sein. Diese Datenmenge wäre für unseren Grips jedoch zu groß. Es müsste dazu etwas Neues kommen, eine Art Homo sapiens sapiens sapiens. Vielleicht in Form einer riesigen Rechenmaschine. In der Politik können wir so eine Sorte Homo schon seit Längerem gebrauchen.

Kommen wir zurück zu den neuen Lautzeichen der Stufe 2. i = ICH und thi = DU würden wir heute Wörter nennen. Sie waren unglaublich einfach und im Klang der alten Lautsprache (d d d) ganz nahe verwandt. Es waren die aller ersten Wörter, die Urwörter einer winzigen heimlichen Mutter-Kind-Sprache. Einer Winzigsprache aus zwei Wörtern.

Es ist verflixt schwer, bei Wortneuschöpfungen nicht auf den vorhandenen (ins Blut übergegangenen) Wortvorrat zurückzugreifen. Am mühseligsten ist das Ausdenken völlig neu klingender Wörter dann, wenn etwas besonders Naheliegendes ausgedrückt werden soll. Der Grund ist, wie bei der Vieldeutigkeit (der Sprachen der Stufe 2), die begrenzte Leistungsfähigkeit des Gehirns. Sie scheint diese Sprachökonomie zu erzwingen. Deshalb kamen nach der ersten Zündung durch i und thi nur noch ein paar Handvoll echte Urwörter zu der Winzigsprache hinzu:

Als echte Urwörter können vielleicht gerade noch die bereits von i = ICH und thi = DU abgeleiteten "i-Wörter" durchgehen:

in = IN; gi = GEMEINSAM, ZUSAMMEN; li = LÄNGS, PARALLEL; bi = BEI; ni = HINEIN, (NEIN?); mi = MIR, MICH und fir = FEUER und iss = HEISS, KALT, WEISS, SCHMERZ.

Echte Urwörter sind die "e-Wörter": der = DER, DER ANDERE; ger = STOCK, SPEER; her = HER; u(h)er = VON URZEITEN HER, URALT, UR; ber-i = BEEREN; ber-o = BÄR; ber = KEILER; der-i= DREI; der-o = BAUM,

und die "a-Wörter": hal = HÖHLE, HALL; hat = HÜTTE; ssal = PUNKT; an = AN; tan = TUN; i-han = ICH HABEN, JA; han = HABEN, HAND; man = MENSCH; ahr-o = GROSSER BÖSER GEIST; ahr = BÖSER GEIST; ah = GEIST,

sowie mu- = ANGENEHM.

Die Herleitung und Erklärung zu diesen Urwörtern finden Sie in im Abschnitt "04. Mutti" und den folgenden. Daher hier nur kurz zum wesentlichen Unterschied zwischen dieser Urwortsammlung und den Rekonstruktionen der Indogermanisten:

Die "Vergleichende Sprachforschung" tut das, was ihr Name sagt, sie vergleicht. Zum Beispiel die Wörter aller bekannten idg. Sprachen und deren geschichtliche Laut- und Bedeutungsveränderungen. Sie vergleicht auch das Vorhandensein bestimmter Schlüsselwörter. Gab es in der Sprache X schon ein Wort für "Pflug" oder "Joch", kann man aus der Sprache Y schließen, dass die Hühner glücklich waren und Eier gelegt haben, wurden bereits Erbsen angebaut oder nicht? Und, und, und. Das A und O aber sind die aus all dem Vergleichen abgeleiteten Lautgesetze. Ihre gestrenge Anwendung trägt am Ende aller Mühe die gerechten Früchte: die aus den bekannten Wörtern rückgeschlossenen "idg. Wurzeln" (wie das bereits oben abgeurteilte *ngni).

Dagegen sind die wahren idg. Urwörter, wie i und thi, im Grunde weltanschaulichen Gedanken und einer Sammlung ähnlich klingende Wörter zu verdanken (siehe "35. Vaters Aufsatz"). Die Sprachökonomie (man kann auch sagen Maulfaulheit des Gehirns) bewirkt, dass Neuwörter gern aus vorhandenen abgeleitet werden. So können aus einem (Ur-)Wort ganze Wortfamilien entstehen, die Lautähnlichkeit, Sinnverwandtschaft und Geschichte verbinden. Die "Lausige Methode" geht diesen Zusammenhängen nach und stützt sich dabei zusätzlich auf viele andere sprachbedeutsame Einflüsse.

So betrachtet sind selbst die rund 30 einfachen Urwörter des Winzigwörterbuchs schon teilweise keine reinen Urwörter mehr, denn es lassen sich klar drei innerlich zusammenhängende Gruppen erkennen: die i-Gruppe, die e-Gruppe und die a-Gruppe. Die meisten, von dem Kern i und thi abgeleiteten, i-Gruppenwörter sind von dem ICH-DU-EINS-ZWEI-Denken des sprachlichen Urknalls erfüllt. Die e-Gruppe wird von dem (diesem einfachen "dualen" Denken gegenüber) fremderen der = DER, DER ANDERE angeführt. Sie deckt alles ANDERE (sich außerhalb des EIN-ZWEI-Denkens befindende) der Erscheinungen ab. Beide Gruppen weisen (nach der Lautstruktur und dem inneren Zusammenhang) sogar noch Verwandtschaft zum vorsprachlichen schlichten d d d auf. Dagegen wird die a-Gruppe von ah (dem GEIST) angeführt. Sie dürfte durch den menschlichen Atem angeregt worden sein und birgt die eigentliche Sensation. Sie kennzeichnet den Menschen als wahrhaft geistiges Wesen. HABEN, TUN, GEIST sind nicht sichtbar, nur der menschliche GEIST kann ihre Bedeutung erfassen und in Worte kleiden.

Sprache folgt nun mal gewissen Regeln, sie kann aber auch (ganz den unergründlichen Vorgängen in unserem Gehirn entsprechend) chaotisch wirken.

Das Wort i = ICH hat z. B. noch mehrere Bedeutungen und zwar bezeichnet

i = ICH, EINS, KLEIN, Mehrzahl (PLURAL).

Ähnlich ist es mit

thi = DU, ZWEI, SIE, WORTE.

i und thi sind die Produkte einer Gedankenwelt, die sich ausschließlich auf ZWEI Menschen bezog. Folgerichtig sind die aus dieser Grundvorstellung der ZWEIsamkeit abgeleiteten Wörter (mi = MICH gi = ZUSAMMEN; li = LÄNGS, PARALLEL; bi = BEI; in = IN; ni = HINEIN / NEIN) alle in dieser EINS-ZWEI-Vorstellungswelt verhaftet.

Anscheinend hatten die Steinzeit-ABC-Schützen es etwas einfacher als wir. Nehmen wir unser heutiges deutsches ABC (a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z) und lassen mal die Selbstlaute (a e i o u) weg, so ergibt sich ( b c d f g h j k l m n p q r s t v w x y z). Fassen wir die ähnlich klingenden Mitlaute (Konsonanten) zusammen (b + p + w = b; c + z = z; d + t = t; f + v = f; g + k = g) und lassen die Exoten (j q x y) sowie das (nach t + s klingende) z beiseite, so schrumpft das vorläufig nur gedachte Steinzeit-ABC der Mitlaute zusammen: ( b f g h l m n r s t ).

Damit könnte der wichtigste steinzeitliche Mitlautvorrat bereits beschrieben sein, denn diese Mitlaute sind fast alle in den i-Wörtern verarbeitet:

bi; fi(r); gi; (hi fehlt); li; mi; ni|in; (ri fehlt); iss.

In den e- und a-Wörtern tauchen h und r auf, warum nicht in den i-Wörtern? Wir kommen auf diese Frage noch zurück.

Die e-Wörter werden von der = DER, DER ANDERE angeführt. Es ist aus dem alten d d d und dem feindlich knurrenden Laut r r r gebildet. Es bezeichnet den ANDEREN, den MANN. Und das bedeutet nichts Gutes für das Verhältnis der jungen Maria zu ihren männlichen Begleitern! Dieses der ist das erste Wort, das aus der trauten EINS-ZWEI-Vorstellungswelt von Mutter und Kind ausbricht. Es gehört der Welt außerhalb ihrer kleinen Welt an. Aus dem der, das die Vorstellung von ALLEM ANDEREN (im KREIS um die beiden herum) begründet, werden später alle weiteren Wörter der Erscheinungswelt im UM-KREIS der beiden gebildet. Also zum Beispiel auch deri = DREI oder dero = BAUM.

Die damit vorläufig auf rund 30 Urwörter gewachsene Winzigsprache ist der Kern der neuen Wörtersprache, die vor 25.000 Jahren erfunden worden ist. Sie ist die von den Indogermanisten gesuchte wirkliche idg. Ursprache. Mit ihr erhob sich der Mensch zu neuen geistigen Höhenflügen. Sie ist die Mutter der idg. Sprachfamilie.

Aber nicht nur der "indogermanischen", sondern vermutlich auch der anfangs erwähnten Makrofamilien. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen ist.

"Die wahrscheinlich am besten bekannte Makrofamilie haben die russischen Experten Wladislaw M. Illitsch Switytsch und Aaron B. Dolgopolsky von der Universität Haifa (Israel) herausgearbeitet. Sie fassten Indoeuropäisch, Afroasiatisch, Drawidisch, Altaisch und Uralisch zu einer einzigen Makrofamilie namens Nostratisch (von lateinisch noster = unser oder nostras = einheimisch) zusammen. Diese wiederum stamme ihrerseits von einem Protonostratisch ab, das vermutlich im Nahen Osten vor ungefähr 15 000 Jahren gesprochen worden sei. Greenberg hat eine ähnliche Makrofamilie namens Eurasiatisch definiert. Im Gegensatz zum Nostratischen enthält sie Drawidisch und Afroasiatisch nicht, dafür zusätzlich Eskimo-Aleutisch und Tschuktschisch Kamtschatkisch. Diese Makrofamilien passen erstaunlich gut zum genetischen Befund, wie Cavalli-Sforza ihn anführt, und zumindest teilweise zu den archäologischen Indizien für die Ausbreitung der Landwirtschaft." (Zitat aus Spektrum der Wissenschaft Dossier 1/2000, S. 34)

Gewinnt der vielgenannte Sprachwissenschaftler Professor Merritt Ruhlen aus Palo Alto (Kalifornien) das allgemeine Ratespiel, so können am Ende sogar alle Sprachen auf diesem Erdball auf eine einzige sogenannte Proto-Ursprache zurückgeführt werden. Dann gehörten alle Sprachen zu einer Megafamilie.

Verbindet man die menschheitsgeschichtlich nachgewiesene Kulturexplosion im Cro-Magnon-Gebiet mit den theoretischen Überlegungen zur Sprachentstehung, so bleibt nur der Schluss, dass die dargestellte Winzigsprache vor 25.000 Jahren in Südfrankreich erfunden wurde und die mittel- oder unmittelbare Muttersprache ALLER Sprachen sein könnte.

Es erscheint merkwürdig, dass diese Ursprache sehr große Ähnlichkeit (nicht etwa mit dem Französischen) sondern mit dem eng verwandten Deutschen aufweist. Denkbar wäre, dass die ins nördliche Europa weitergewanderten Cro-Magnon-Stämme die gemeinsame Urmuttersprache aufgrund ihrer Isolation im kalten Norden am besten bewahrt haben, während im (fränkischen) Mutterland der Sprachwandel schneller vonstatten ging.

Das Deutsche scheint lediglich einen der besten Zugänge zur "indogermanischen" Ursprache zu bieten.

Wer würde zum Beispiel glauben, dass das offenkundig urururalte französische "Cro-Magnon" als "indogermanischer" Name ganz einfach mit deutschen (dt.) Wörtern zu erklären ist? "Cro" ist verwandt mit der dt. Wurzel "kra". Die Spiegelform von kra ist ark. (Die Linguisten sagen zu einer solchen Buchstabenumstellung "Metathese" oder "Metathesis"). Und dieses ark steckt im lat. arc-us. Bevor die alten Baumeister den Kraftfluss beim echten Gewölbebogen erkannt hatten, konnten sie nur unechte Gewölbe herstellen. Sie mauerten einfach von beiden Seiten Stein auf Stein. Dabei ließen sie jede Steinschicht des "Gewölbes" etwas weiter nach innen auskragen, bis sich die Steine am Gewölbescheitel trafen. Von diesem Kraggewölbebogen hat der arcus = Bogen seinen Namen. Er verdankt sein Dasein einer einfachen Schwäche des menschlichen Gehirns, das gerne Lautfolgen auch mal spiegelverkehrt wiedergibt. Nur im Deutschen gibt es so unzählige Wörter mit der Urwurzel "kr" oder "gr". Allen ist die gleiche Vorstellung gemeinsam. Es sind so viele, dass ihnen im Abschnitt "06. hal" (letzter Absatz) und Abschnitt "08. thi" (Absatz g, "die "krummen Wörter") viel Platz gewidmet ist. "Cro" könnte also etwas mit "kragen" zu tun haben, also etwa "Auskragung" bedeuten.

Der zweite Teil "Magnon" bedeutet "mächtig". "Magnon" leitet sich nicht von dem viel jüngeren lat. magnus ab. Dieses lat. magnus kommt auch nicht über griech. magos vom pers. magusch (magush). Sondern alle miteinander sind Kinder der Ursprache, die sich am Besten über das Deutsche erschließt. Mag sein, dass ein meist ungläubiger Michel das nicht glauben möchte.

Deshalb sollte er (statt auf die mächtige Auskragung) ins Althochdeutsche Wörterbuch blicken:

...
(ahd.) magan, magen = = Kraft, Stärke, Vermögen
(ahd.) magenheit = = heftig
(ahd.) magenchraft = = Majestät, göttliche Macht
(ahd.) magensul = = Hauptsäule
(ahd.) magenwerch = = Größe
(ahd.) maht, madh, ... = Macht, Kraft, Stärke, Vermögen, ...
(ahd.) mahtig, mahtig, ... = mächtig, stark, gewaltig
(ahd.) mahtigi = Macht, Gewalt
(ahd.) mih(h)il, mihhal, mih(h)el, mihchel, mi(h)kil = groß, bedeutend, der besondere; stark, gewaltig, mächtig ...
(ahd.) managi, managin, ..., megine = Menge, Fülle, Vielfalt, ...
(ahd.) manageron = viele, eine Menge, ...
(ahd.) megin, ... = Gewalt, Kraft, Macht, ...
...


In allen Wörtern ist das Urwort ah = GEIST enthalten. In Verbindung mit gi = GEMEINSAM, han = HABEN (oder tan = TUN) ergibt sich ein gemeinsamer Sinn von geistiger Größe oder geistiger Kraft. Damit wird die eigentliche Bedeutung eines Magiers [(ahd.) magi] erkennbar. Er ist ursprünglich nicht wirklich nur "der Weise", sondern viel mehr. Er steht mit dem GEIST (Gott) in Verbindung: mi ah gi = "MIR GEIST GEMEINSAM".

Man glaubte, dass die ganze Welt vom GEIST erfüllt sei. Wer über die Verbindung zu dieser Atem spendenden Kraft verfügte, hatte Macht. Daher gilt der ital. mago (magio) zu Recht als "Priester einer alten Religion, der sich mit Astrologie und Wahrsagerei beschäftigt. Auch als Zauberer, Meister oder Wunderheiler". Die Magie (ital. magia) ist ohne die Anrufung der höheren Mächte (des allmächtigen GEISTES, der kleineren Geister, der Götter, ...) nicht denkbar. Das anlautende "m" dürfte von mi = MIR, MICH herrühren. Magie hat eben auch etwas ICH-Bezogenes (Egoistisches). Das ist nicht ungewohnt. Der Spruch mi ah gi = "MIR GEIST GEMEINSAM" funktioniert auch im 21. Jahrhundert. Nur MICH, den Heiligen Vater, hat Gott zu seinem Stellvertreter auf Erden erwählt. ICH allein bin für Euch der Mittler zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Ohne MICH läuft sonst gar nichts!

Zu diesem Bild gehören: ital. magico = mächtig; arab. Mahdi, Machdi = "der von Gott Geleitete"; arab. Mahmud = "der Gepriesene"; altind. Mahatma = "eine erhabene Seele besitzend"; altind. mahadeva = "Großer Gott" ; altind. mahajana = "großes Fahrzeug" (Form des Buddhismus); franz. macabre = makaber = "totenähnlich, schauererregend". ("ber" kommt von (ahd.) beran = tragen, gebären. In Wahrheit ist also wohl der Zustand des Magiers beschrieben, bevor sich der GEIST durch ihn offenbart. Diese Kunst der Offenbarung dürfte auch das jüd. Priestergeschlecht der Makkabäer betrieben haben.

Aus der ursprünglich grenzüberschreitenden geistigen (transzendenten) Macht der Magie kann erst später die übertragene Bedeutung von weltlicher Macht erwachsen sein:

ital. Maestá = Majestät; ital. maestro = fran. maitre = Meister (daher wahrscheinlich auch das Messen und der Meter); Magister; franz. maire = Bürgermeister; Magnat; ital. magnifico; Magnifizenz; Major; Majorat (Erbfolge); Makarios III; Makarius der Große (doppeltgemoppelt); ind. Maharadscha (Mächtiger König = Großkönig); ital. i re magi = die Heiligen Drei Könige; engl. mighty ... Ohne Macht auch keine Gerechtigkeit: ahd. mahal = Gericht, Gerichtsversammlungspan. macho = männlich; Heute dagegen ist fast jeder Macho (span. macho = männlich) ein Manager (engl. to manage) von wirtschaftlicher Macht.

Die dritte Stufe der Entwicklung ist die Übertragung von "mächtig" auf "groß" und "viel". Sie findet sich in vielen europäischen Abwandlungen:

ahd. manag = manch, viel, zahllos, zahlreich, mehr, lang, groß; lat. magnus; griech. magos; pers. magusch (magush). griech. makr(o)... = groß..., lang...; mega...; lat. max...; ital. maggiore = größer; Magnitude = Größe; wahrscheinlich daher auch: ital. mille; Meile; Million und dt. Menge. Ja selbst bis nach Afghanistan reicht die Macht: afgh. "man mekonam" = "ich mache"; afgh. mohem = engl. main = dt. hauptsächlich, größt, bedeutendst, wichtigst, erst; Haupt-, usw.

Das magische Wort "groß" erscheint nicht nur in Cro-Magnon. Auch in Magdeburg. Diese Großstadt an der Elbe hat zwar eine Jungfrau (?) im Wappen, dürfte jedoch eher "mächtige Burg" [(ahd.) mahtig] bedeuten. Desgleichen im Namen des Ortsteils "Mägdesprung" (von Harzgerode im Bezirk Halle), der auf einen auffälligen Felsvorsprung mit einer fußspurähnlichen Vertiefung zurückgeht. Diese Magdetrappe soll eine Riesin hinterlassen haben. Ob es wohl ein riesiges Mädchen (ahd. magatin) war oder eine mädchenhafte Riesin? Oder ist jemand einfach in eine alte Sprachfalle getrappt? Schon die frühgeschichtliche Maglemosekultur (nach Maglemose, dem "Großen Moor" bei Mullerup auf Seeland / Dänemark) heißt nicht zufällig so, sondern die Lautfolge "Magle" verrät etwas Großes.

Höchst verdächtig ist selbst "eine der größten Städte der Inka": Machu Picchu. Sie liegt in unmittelbarer Nähe einer gewaltigen (in den Himmel piekenden) Felsspitze einer "Mächtigen Spitze". Sind die Perser (denen lat. magnus letztendlich zugeschrieben wird) dann etwa bis nach Amerika gefahren? Wohl kaum. Einen aufregenden Beitrag zu diesem Fragengebiet liefert dagegen derzeit der Frankfurter Kai Helge Wirth mit seiner Deutung der Sternzeichen als vorgeschichtliche Seekarten ("Der Ursprung der Sternzeichen"). Seine Erkenntnisse sprechen dafür, dass es eher andere "Indogermanen" waren, vielleicht die Megalithiker, die die Neue Welt besucht haben könnten.

Es gibt weltweit noch ähnliche Groß-Kandidaten (sogar ganze Völkerschaften), doch sollen hier keine (weiteren) Vermutungen mit Tatsachen vermengt, sondern handfeste Belege vorgebracht werden. Moguln mogeln nicht, Moguln machen (möglichst) möglich. Denken Sie mal darüber nach, warum auch das "Mogeln" sinnverwandt ist. Wir wollen nicht Wirklichkeit und Schein vertauschen, daher machen wir auf die mächtige Zahl der Zeitwörter aufmerksam:

(ahd.) mahhon, mahchon, mah(c)han, mahchhan = machen, tun; schaffen, vollbringen, (an)fertigen, anbringen, herstellen, bilden, hervorbringen, bewirken; bereit machen, bereiten; verwandeln; erlangen; verbinden, sich zugesellen, verkehren
(ahd.) magen = vermögen (gotisch magan = können)
(ahd.) mugan, mugen, mugin, magan, magen, makan = können, vermögen, mächtig sein; mögen müssen, sollen dürfen

Mag der Allmächtige machen, was er möchte. Der Meister möge dagegen die Menge mit dem sprachlichen Metermaß messen. Ohne die Masse unserer wichtigsten Mach(t)wörter könnten wir möglicherweise nichts mehr machen und müssten unser "image" missen. Überlassen wir diesen Fall der Imagination der Sprachforscher und stellen wir einfach fest:

Lat. magnus kommt nicht irgendwo aus fernen Ländern her, sondern aus der europäischen Ursprache. Das Deutsche liefert dafür den letzten Beweis.

Maria de Cro-Magnon hieße also eigentlich "Maria von (oder mit?) der mächtigen Auskragung". Spielen wir jedoch nicht den "Macker". Bleiben wir besser beim Französischen, das klingt besser.

Ein anderes für die Frühzeitgeschichte so wichtiges Wort "Lascaux" ist ebenfalls mit der indogermanischen Ursprache zu erklären und lautete ursprünglich wohl hal ah ska = HÖHLE GEIST WEG = "Höhle der verschwundenen Seelen" (zu ska siehe z. B. Abschnitt "06. hal"). Vielleicht hat Maria de Cro-Magnon sogar in Lascaux gemalt, um die Seelen der getöteten Tiere mit dem, allen Lebewesen gemeinsamen, ALLGEIST zu versöhnen.

Die demnach uralten Ortsnamen im mutmaßlichen Mutterland der Ursprache ergeben mit den Wörtern der Winzigsprache einen einleuchtenden Sinn. Das führt erneut zu dem Schluss:

Die Theorie von den idg. Zuwanderern wird ebenso wenig benötigt wie die Prothese der baskischen "Substrattheorie".

Die "Indogermanen" sind nicht von irgendwoher aus dem Osten gekommen und haben uns auch nicht ihre Sprache mitgebracht, sondern sie waren von Anfang an mitten in Europa. Und wir sprechen ihre Sprache noch immer.

Dieser Sachverhalt erscheint so zwingend einfach, dass man sich fragt, wie jemand auf jene baskisch-indogermanische Zickzack-Geschichte kommen kann.

Statt dessen führt kein Umweg um die Erkenntnis herum:


Die "Indogermanen" sind wir Europäer.


Aus der heutzutage festzustellenden Neigung zur Vereinfachung bis hin zum deutschen "Kanak" ("was kukst du", "wo gehst du?") schließen die Linguisten / Germanisten, dass die Ursprache im Hinblick auf die Wortformen und ihren Aufbau sehr anspruchsvoll gewesen sein müsse. Bei der wirklichen Ursprache aus den beiden Wörtern i = ICH und thi = DU ist das noch nicht zu erkennen.

Werfen wir einen Blick zurück auf die alte Sprache aus Körpersprache und einzelnen Lauten, die 75.000 Jahre brav ihren Dienst verrichtet hatte. Die sich so gut eignete, weil sie angeboren war. Glauben Sie wirklich, dass diese Sprache einfach gegen die neue ausgetauscht wurde und damit vergessen war? So wie die gute alte DM gegen den TEURO (zwangs)getauscht wurde?

Natürlich nicht! Die alte Sprache wurde einfach übernommen, sie wurde in die neue eingefügt, umgewandelt oder aus alter Gewohnheit gar beibehalten.

Das deutende d d d hat sich sogar bis auf den heutigen Tag erhalten. Sie benutzen es täglich. Es steckt in unserem Artikel der die das, engl. the, franz. le, ital. il und so fort. Es hat sich heute nur ein vornehmes Mäntelchen umgehängt und nennt sich neuerdings "Artikel". Latein hat keine solchen Artikel, deshalb könnte der Verdacht, es sei eine Kunstsprache, sich eines Tages bewahrheiten.

Es wurde bereits dargelegt, dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass sich unabhängig von jeglicher Vorlage, gewissermaßen aus dem Nichts, eine neue Sprache ausbildet. Wenn aber zum aller ersten Mal auf diesem Erdball eine neue Sprache (Stufe 2) entstanden ist, dann ist es wie bei der Büchse der Pandora. Die Sprachflut ist nicht mehr zu halten. Die Sprache wird gelernt, geht auf die Reise in andere Gebiete, und sie kann sich im Laufe der Zeit beträchtlich verändern. Wie die indogermanischen Sprachen. Unter gewissen Umständen muß eine Sprache aber überhaupt nicht gelernt werden, dieser Fall ist zwar sehr selten, doch er kommt vor (siehe Pidgin / Kreol weiter oben). Sprache ist offenbar höchst ansteckungsgefährlich. Es scheint die Infektion mit winzigen Spracherregern (Wörtchen, Satzbrocken) zu genügen, um ein so leistungsstarkes Gehirn wie unseres zur Schöpfung einer (fast) neuen Sprache anzuregen. Die Verwandtschaft mit der Erregersprache wäre dann sicherlich nicht so leicht zu erkennen. Eine solche Entstehungsgeschichte könnte das Baskische haben.

Nach diesen Überlegungen gibt es also zwei Möglichkeiten:

Fall 1: Das baskische Euskera (und dessen erdachte Vorgängerin, das "Vaskonische") sind dem flüchtigen Hörerlebnis der idg. Ursprache (i, thi,...) zu danken.

Fall 2: Euskera ist auf die höchst unwahrscheinliche Schöpfung einer eigenen baskischen Ursprache zurückzuführen. Dann wäre zu fragen, warum sich nur das Baskische erhalten hat und nicht viele andere verwandte Tochtersprachen.

Beide Fälle sind denkbar, und beide haben etwas Gemeinsames. Das ist die einsame von den "Indogermanen" getrennte Lebensweise und die Fremdartigkeit. Das ganz für sich allein stehende, seltsame Baskisch ist nur zu erklären, wenn eine bestimmte Bevölkerungsgruppe Europas völlig getrennt von den anderen gelebt hätte. Was mögen das für hartgesottene Eigenbrödler gewesen sein, die diese in beiden Fällen übereinstimmende dauerhaft einsame Lebensweise pflegten? Wie soll man eine solche fremdartige Gruppe jemals finden?

Die frohe Botschaft lautet: Es gibt, oder genauer gesagt, gab so ein urzeitliches Völkchen. Das waren Menschen, die auch sprachbegabt waren (siehe auch Abschnitt "13. Teekessel"). Eine bisher vernachlässigte Struktur für anatomische Hinweise darauf ist der zwölfte Hirnnerv (Nervus hypoglossus), der dem unseren gleicht. Auch das Zungenbein war sehr ähnlich (DIE WELT v. 28.4.1998). Nur 0,5 % der Gene dieses etwas anderen Homo sapiens unterschieden sich von den unseren. Es waren die nahe verwandten Neandertaler. Unser gemeinsamer Vorfahr soll vor 800.000 Jahren gelebt haben.

Der Homo sapiens neandertalensis war nicht größer, aber wesentlich stärker. Sein gedrungener Körper war hervorragend an das Leben im kalten Europa angepasst. Alle Zeichen deuten auf hohe geistige Fähigkeiten hin (rd. 100 cm3 größeres Gehirn). Er war ein ausgezeichneter Werkzeughersteller und Jäger. Die Bestattungsweise seiner Toten zeugt von Jenseitsvorstellungen, ein klarer Beweis für seinen Sprachbesitz. Er ist schon vor 160.000 Jahren aufgetreten und erst vor 10.000 Jahren verschwunden. Die letzten Rückzugsgebiete des Neandertalers (ZDF »Feuer im Eis (2)« am 08.0899) lagen in Portugal und Südspanien, wo er schließlich endgültig durch unsere von Norden nach Süden vorrückenden Vorfahren verdrängt wurde.

Nach Adam Riese, und wenn die bisherigen Überlegungen richtig sind, hätten der Homo sapiens sapiens und der Homo sapiens neandertalensis von 100.000 bis etwa 10.000 Jahre vor unserer Zeit in Europa nebeneinander gelebt. Da der Sapiens sapiens nach der bisherigen Annahme erst vor 25.000 Jahren die Sprache entdeckt hat, ist ebenfalls anzunehmen, dass auch Sapiens neandertalensis vorher nicht sprechen konnte. Er hätte sonst den Sapiens sapiens schon früher anstecken müssen. Der Neandertaler müßte also gleichzeitig oder später eine eigene Sprache erfunden oder von uns (was viel wahrscheinlicher ist) zum Sprechen "angesteckt" worden sein.

Jedenfalls ist es nicht vermessen, zu glauben, dass beide Menschenarten vor ungefähr 25.000 Jahren bereits sprechen konnten.

Wenn man das annimmt, dann drängt sich postwendend ein neue Frage auf. Waren die damals so plemplem, nicht mit oder über einander zu reden? Gab es überhaupt keine Berührungspunkte? Zwei hochintelligente sprechende Menschentypen, die wortlos aneinander vorübergehen?

Ist doch klar, dass das unmöglich ist. Natürlich haben die miteinander gesprochen, bei ihren meist unangenehmen Begegnungen.

Marias Enkel erzählten die Geschichten ihren Enkeln, wonach sie unsere Ururgroßmutter von ihrer Urururgroßmutter erfuhr, und schließlich haben sie ein gewisser Herr Jacob Grimm und sein Bruder Wilhelm von den Leuten erfahren und aufgeschrieben. Wir wissen also, ungefähr, was los war damals.

Sie meinen, Sie haben noch nie ein Märchen von Neandertalern gehört. Ich auch nicht, dafür aber von anderen starken Gesellen. Lesen Sie selbst:

"Ein Bauersmann hatte einen Sohn, der war so groß wie ein Daumen und ward gar nicht größer und wuchs in etlichen Jahren nicht ein Haarbreit. Einmal wollte der Bauer ins Feld gehen und pflügen; da sagte der Kleine: »Vater, ich will mit hinaus.« - »Du willst mit hinaus?« sprach der Vater, »bleib du hier, dort bist du zu nichts nutz: du könntest mir auch verlorengehen.« Da fing der Däumling an zu weinen, und um Ruhe zu haben, steckte ihn der Vater in die Tasche und nahm ihn mit. Draußen auf dem Felde holte er ihn wieder heraus und setzte ihn in eine frische Furche. Wie er da so saß, kam über den Berg ein grosser Riese daher. »Siehst du dort den großen Butzemann?« sagte der Vater und wollte den Kleinen schrecken, damit er artig wäre, »der kommt und holt dich.« Der Riese aber hatte mit seinen langen Beinen kaum ein paar Schritte getan, so war er bei der Furche. Er hob den kleinen Däumling mit zwei Fingern behutsam in die Höhe, betrachtete ihn und ging, ohne ein Wort zu sprechen, mit ihm fort. Der Vater stand dabei, konnte vor Schrecken keinen Laut hervorbringen und dachte nicht anders, als sein Kind wäre verloren, also dass er's sein Lebtag nicht wieder mit Augen sehen würde.

Der Riese aber trug es heim und ließ es an seiner Brust saugen, und der Däumling wuchs und ward groß und stark nach Art der Riesen. Nach Verlauf von zwei Jahren ging der Alte mit ihm in den Wald, wollte ihn versuchen und sprach: »Zieh dir eine Gerte heraus.« Da war der Knabe schon so stark, dass er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus der Erde riß..."

Was folgern wir großen Kinder aus den Märchen (hier: "Der junge Riese" von Grimm) wenn wir in Gedanken eine Verbindung zwischen Neandertaler und Riese (Butzemann) herstellen?

Die alten Neandertaler konnten sprechen, die Riesen konnten sprechen.
Die alten Neandertaler waren riesenstark, die Riesen waren riesenstark.
Die alten Neandertaler sind ausgestorben, die Riesen sind ausgestorben.
Die alten Neandertaler waren gedrungen, die Riesen waren riesengroß.

Die alten Neandertaler waren gedrungen. Das scheint zunächst ein unüberwindlich großer Unterschied gegenüber den gigantischen Riesen zu sein. Man bedenke aber, dass der Zwerg nicht etwa so heißt, weil er ein kleiner Kerl ist, sondern zwielichtig und böse [(ahd.) zwifalt = zweifach, doppelt, falsch + (ahd.) arg = Schlechtes, Böses]. "Zwi-arg" oder "Zwerg" meint einen hinterhältigen Gesellen, der Falsches im Sinne führt. Einen unaufrichtigen krummen Hund. Einen argen Bösewicht. Die Riesen könnten also ihre Bezeichnung gar nicht von ihrer Größe, sondern von einer anderen Eigenschaft bekommen haben.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch Genesis 6.4 : »In jenen Tagen gab es auf der Erde die Riesen, und auch später noch, nachdem sich die Gottessöhne mit den Menschentöchtern eingelassen und diese ihnen Kinder geboren hatten. Das sind die Helden der Vorzeit, die berühmten Männer.«

Wie denn, was denn? Riesen? Gottessöhne? Menschentöchter? Es gibt doch nur eine Art von uns Menschen, und die hat Gott nach seinem Ebenbild geschaffen. Wir stammen alle von Adam und Eva ab. Adam wurde von Gott aus einem Lehmklumpen geschaffen und Eva aus Adams Rippe, Punktum. Wo kommen denn da plötzlich die Riesen und die Gottessöhne her? Sind unter "Riesen" etwa nur riesige Menschen zu verstehen, oder hat Luther falsch übersetzt? Gottes Söööhne? Gott hat doch nur einen Sohn, wo kommen da denn plötzlich mehrere her?

Wir wissen, dass die Katholische Kirche fast alle Zeugnisse aus unserer Vergangenheit, deren sie habhaft werden konnte, vernichtet hat. Sie konnte die alten Bräuche jedoch nicht ganz abschaffen, darum wurden sie einfach in ihrem christlichen Sinne umgemodelt. Höchstwahrscheinlich hat sie sogar die ganze europäische Geschichte umgeschrieben, und unser Bild der historischen Abläufe dürfte in Folge dessen völlig falsch sein.

Ehrenamtliche Geschichtskritiker bemühen sich aus diesem Grunde in ihrer Freizeit um die Erhellung unserer (im doppelten Sinne) finsteren Vergangenheit. Sie werden jedoch von denjenigen, deren Aufgabe das eigentlich wäre, nicht wahrgenommen oder stoßen auf Widerstand.

Was die Kirche nicht einfach beseitigen oder verfälschen konnte, waren die mündlichen Überlieferungen, die in den Köpfen weiterlebten. Unsere Sprache, die Sagen, die Lieder und Märchen enthalten daher noch wahre Stücke aus einer ganz anderen Vergangenheit. Die Diener des Heiligen Stuhls haben sich zwar redlich bemüht, mit der Feder oder notfalls auch mit Feuer und Schwert gegen den Irrglauben anzukämpfen, doch nicht immer mit Erfolg. Es sind auch (Gott sei Dank!) Fehler passiert.

So widerspricht zum Beispiel der biblische Bericht von den Riesen, Gottessöhnen und Menschentöchtern eindeutig der frohen Botschaft. Maria hat ja, wie zu lesen steht, ("nur") vom heiligen Geist empfangen. Gott hat demnach nicht mit ihr geschlafen (hat sie nicht "erkannt", wie es die Bibel an anderer Stelle schamhaft ausdrückt). Er hat die Ehe mit seiner Lebensabschnittsgefährtin nicht selbst vollzogen. Und dann sollen Gottes Söhne mit Evas Töchtern nach Belieben "geschlafen" (sich "eingelassen") haben? Von Gott geduldet? Da scheint der gläubige Fälscher selbst (mit oder über seinem Text) geschlafen zu haben.

Vielleicht brütete er über den alten Berichten von riesenstarken fremdartigen Menschenwesen, von heldenhaften Kämpfen der Vorfahren. Von geschlechtlichen Begegnungen. All das durfte es doch gar nicht geben. Das hätte seine Schäfchen nur vom rechten Wege abgebracht. Das mußte man etwas umstricken. Und so wurden die Neandertaler zu den aus den Märchen gewohnten weniger verdächtigen Riesen, die sexuellen Kontakte zum gottgefälligen Werk.

Könnte es so gewesen sein? Sollte man die Riesen in der Bibel künftig mit Neandertaler übersetzen? Man hat jede Menge Neandertalerknochen ausgegraben, aber noch keinen einzigen von den ungeheuer starken und großen Riesen. Riesenknochen von riesigen Riesenwesen gibt es in riesigen Mengen, aber nicht einen noch so winzigen von Riesen. Die Neandertaler haben wirklich gelebt. Adam und Eva müssen ihnen noch begegnet sein. Warum berichtet dann die Bibel nicht von den Neandertalern, sondern ausschließlich von Riesen? Was bedeutet dieses "Riesen" denn eigentlich?

Mit ihrem Winzigwörterschatz (30 Wörter, siehe oben) konnten sich unsere Vorfahren bereits recht gut verständigen. Wenn einem etwas auf der Zunge liegt und die Worte fehlen, muss man nicht immer gleich neue erfinden. Man kann auch umschreiben. Das funktioniert bereits mit zwei oder drei Wörtern:

thi = DU / ZWEI / SIE / WORTE.
ah = GEIST
tan = TUN

Was bedeutet zum Beispiel ah tan = GEIST TUN? Wem das nichts sagt, sollte über den Atem, das Atmen oder den Odem nachdenken. Die Umschreibung ist nämlich gar nicht so schlecht. Den Hauch des Lebens (= Atem = ah tan) verbinden auch wir immer noch mit den Gedanken an GEIST (Gott). Hier zeigt sich auch, was Mehrdeutigkeit in der Sprache beinhaltet. Worte müssen eben erst mit Bedeutung "beladen" werden, um einen allgemein verständlichen Sinn zu ergeben.

thi war das allererste Wort und bedeutete anfangs nur DU. Doch es wurde den klugen Erfindern schnell klar, wie viel mehr dieses neuartige thi ihnen eröffnet hatte. Sie begriffen, dass es eine völlig neue, umwälzende Art der Verständigung ermöglichte. Aber wie sollten sie diese umstürzende Erfindung nennen? Es gab ja noch kein eigenes Wort dafür. Ganz einfach, sie beschrieben den Vorgang mit ihrem Winzigwortschatz. Sie sagten thi ah tan (= thi GEIST TUN).

Und das heißt frei übersetzt, "mit thi Gedanken austauschen" Wir nennen so einen Vorgang, bei dem GEIST durch Lautzeichen zwischen Menschen ausgetauscht wird, "sprechen". Es gab damals auch noch keine regelgerechte Gliederung des Sprachstromes in Laute (Phoneme), Silben, Wörter oder Sätze. Deshalb sagte man nicht "mit Lauten, Silben, Wörtern oder Sätzen Gedanken austauschen" sondern "mit thi Gedanken austauschen" (thi ah tan).

Eine andere Umschreibung von "sprechen" ist übrigens thi ah gi han WORTE GEIST GEMEINSAM HABEN. Abgeschliffen und mit der bekannten Lautverschiebung von "t" nach "s" wurde daraus unser (ahd.) sagen, sagan = sagen.

Unter dem Urwort thi verstanden sie demnach die Gesamtheit der Wörter und Sätze. thi wurde zum Synonym. Zusammen mit dem Urwort u-her (VON URZEITEN HER, URALT oder UR) wurde später daraus uher thi. Sprechen Sie das mal etwas schnell und "schlabberig" aus, dann hören sie das Geheimnis. Aus uher thi wurde die heutige Lautfolge "Wor-te", sie bedeutete ursprünglich die "URALTE Gesamtheit der Wörter und Sätze". Das erklärt auch unser eigenartiges "Worte". Das ist nicht etwa die Mehrzahl von "Wort", sondern bezeichnet sinngemäß die Gesamtheit eines gesprochenen Textes. Der ursprünglich vorhandenen zusätzliche Bedeutungsgehalt URALT ist offenkundig verlorengegangen.

Aus thi ah tan (= sprechen) wurde später (ahd.) thiota, das als Wurzel unseres Wortes "deutsch" gilt. Es bedeutet demnach ursprünglich nicht "Volk", "Menschen" oder "Heiden", sondern etwas Anderes. Unsere Vorfahren, die "Indogermanen", haben einfach von denen, die sie verstanden, gesagt: "die sprechen". Sie bestätigten damit eigentlich nur die Zugehörigkeit zur ihrer (wachsenden) Sprachgemeinschaft. Die Gleichsetzung mit "Volk" ist also verzeihlich. Glauben Sie aber bitte nicht, dass die Deutschen einen Alleinanspruch auf das thi ah tan hätten. Die Gemeinschaft scheint einstmals wesentlich größer gewesen zu sein, denn europaweit lassen sich (wie wir noch sehen werden) Spuren dieser Lautverbindung nachweisen.

Nennen wir daher ab jetzt diese Sprachgemeinschaft nicht mehr die "indogermanische" sondern treffender die thiahtan-ische.

Die Thiahtan-en könnten die Sprechweise der Neandertaler / Riesen als ri tan = ri TUN beschrieben haben. Dann sprachen die Riesen (ihrem Körperbau gemäß) vielleicht gutturaler und rollender? Mit auffällig vielen rris? Das würde das oben erwähnte theoretisch noch fehlende ri erklären. Sie erinnern sich vielleicht, der Selbstlaut "i" trat im Winzigwörterbuch mit allen Mitlauten des Steinzeit-ABCs auf, nur die Kombination ri fehlte [bi; fi(r); gi; (hi fehlt); li; mi; ni|in; (ri fehlt); iss]. Es war wohl den unheimlichen ri-tan (= Riesen) vorbehalten. Das r rr ist ein uralter Gefahr- und Warnlaut. Die Sprechweise und die Gefährlichkeit der Riesen / Neandertaler wäre mit ri-tan (= die "ri-Macher" = die Riesen) wundervoll getroffen. Die Lautveränderung von "t" nach "s" ist eine nicht ungewöhnliche linguistische Erscheinung. Das rrr klingt in der Ursprache sonst nur noch in dem gefährlichen fir und dem unfreundlichen der an. Damals war das "r" mit der Bedeutung "Gefahr" aufgeladen. Heute ist das "R" dagegen zu einem harmloseren Laut geworden. Auf das hi kommen wir noch.

Ist es denn so verwunderlich, dass wir Thiahtan-en die Neandertaler nach einem ihrer entscheidenden Merkmale die ri tan = ri TUN = "Ri-tuer" nannten?

Aus ri tan wäre dann durch Lautverschiebung das ahd. riso geworden, dessen Herkunft laut Wörterbuch dunkel (!) ist. In der Neuzeit verwandelte sich riso in den deutschen Riesen. Wenn die Gedankenverbindung thi ah tan - ri tan richtig hergestellt wurde, dann müssen die Riesen gar nicht mehr unbedingt so groß gewesen sein. Dann kamen wohl in der Sprache der Neandertaler (Riesen) nur viele Lautfolgen, wie "ri", "rri", "rr", "re " und ähnliche Lautverbindungen vor. Die gedankliche Gleichsetzung der riesigen Kräfte mit der überlegenen Körpergröße der Überlieferung ist verständlich. Diese Vorstellung könnte in den 10.000 Jahren seit dem Verschwinden der Neandertaler (Riesen) im Laufe der mündlichen Überlieferung herangewachsen sein. Einen solchen Bedeutungswandel von geistiger Macht über weltliche Macht zur schieren Größe haben wir beim (Cro-) "Magnon" bereits kennen gelernt.

Nach Grimms Deutschen Wörterbuch sollen ahd. riso (oder risi) und altn. risi im Anlaut ein "w" eingebüßt haben, wie durch altndfr. wrisil und alts. wrisilîk bewiesen werde. Die Riesen sind, wenn alles stimmt, vor 10.000 Jahren ausgestorben. Wie wurde das Wort für "Riese" wohl seinerzeit ausgesprochen? Und wie viele Tausende Jahre nach ihrem Abgang begann man sie mit "r" oder "wr" zu schreiben?

Bedeutsamer scheint ein Hinweis der Grimms, die ein "citat aus GOLDAST" als interessant bezeichnen:

veteres risios vocabant homines proceros et robustos, qui viribus confisi, sylvas et montes incolerent, gratia latrocinandi, contra quos invocati rekij venerunt auxilio afflictis.

Das heißt:

Die Alten nannten "Riesen" jene hochgewachsenen und kräftigen Menschen, die im Vertrauen auf ihre Kräfte Wälder und Berge bewohnten, um Räuberei zu betreiben, gegen die herbeigerufene Recken den Bedrängten zu Hilfe kamen.

Diese Beschreibung sollte man sich merken, denn in den Sagen aus dunkler Vorzeit taucht noch eine andere verdächtige Gruppe mit ähnlich unangenehmen Eigenarten auf. In der Microsoft Encarta Enzyklopädie ist sie bereits verschollen. Der Große Brockhaus, Band 3, S.56 dagegen kennt sie noch:

"Berserker [altnordisch "der Bärenhemdige"], 1) im frühmittelalterlichen Skandinavien wohl der (in Bärenfell gehüllte) Krieger, der im "berserksgangr" (Berserker-Wut) ungewöhnliche Kraft entwickelt; in der altisländischen Sagen-Literatur: umherziehendes Gesindel, das durch Herausforderung zum Zweikampf die Leute zu erpressen sucht. 2) wütender Kämpfer; Mann von außergewöhnlicher Kraft.

Was für Bilder ruft diese Beschreibung hervor?

Erstens: Den weltfremden Wissenschaftler, der noch nie ein "Bärenhemd" gesehen hat, aber mit zitternder Feder die urgewaltige Wut des schlagkräftigen Hemdenmatzes niederschreibt. Wohl (?) ein Krieger oder was? Einer ohne Waffen, aber dafür im "Hemd"? Im Althochdeutschen, das dem Altnordischen nicht so fremd sein dürfte, bedeutet bero = der Bär und hemide = das Gewand. Was soll man unter den altnordischen Lautfolgen "serks", "erks" oder "erk" verstehen, etwa ein Hemd oder Gewand? "berserksgangr" = "Bärenhemdigenwut" klingt auch nicht überzeugend. Könnte der ungewöhnliche "Berserker" daher vielleicht gar nichts mit "Bär" oder "Hemd" zu tun haben, sondern einen ganz anderen (ärgeren) Hintergrund haben?

Und zweitens: Die letzten verzweifelten Horden von Neandertalern, die Aborigines Europas. Anfangs mögen sie bei kriegerischen Auseinandersetzungen gegen guten Lohn im Dienste der Thiahtan-en (als in Bärenfell gehüllte Krieger) gekämpft haben. Später gerieten sie immer mehr ins Hintertreffen und waren schließlich gezwungen, die Leute anzubetteln oder zu erpressen. Als nunmehr umherziehendes Gesindel verfügten sie nicht über die überlegenen Waffen der Thiahtan-en. Dafür konnte allein die Umarmung der muskelbepackten Gestalten tödlich sein. Es lag jedoch vermutlich nicht in ihrer Absicht, zu morden. Allein deswegen nicht, weil sie dann den geballten und vernichtenden Zorn der Thiahtan-en auf sich gezogen hätten. Es genügte, so einen (fast) chancenlosen Angeber der Thiahtan-en zum Ringkampf herauszufordern und dem Verlierer dann eine Belohnung abzunehmen.

"Berserker" hießen sie aber möglicherweise nicht, weil sie im Bärenhemd kämpften, sondern weil jemand, der in der Schlacht in ihre tödliche Umarmung geriet, im Allgemeinen seinen Geist aushauchen musste. Diesen Verdacht nährt nämlich das Baskische, das hiermit wieder ins Spiel kommt. Oder ist es ein Zufall, dass im Baskischen besarka(tu) die Partizipialform von "umarmen" ist? Das Wort erinnert an baskisch beso = Arm. Der Wortbestandteil "arka" dürfte mit dem romanischen arcus = Bogen (erinnern Sie sich noch an kra | ark?) in Verbindung stehen. Es bedarf keiner großen Sprünge, um auch im Baskischen den Bogen rauszufinden: arkakuso Floh. Das erste r in "Berserker" könnte das Resultat einer [r]-Gemination sein. Der "Berserker" hätte dann etwas mit Armbogen oder besser Armbeuge zu tun.

Der Wortbestandteil "gangr" in "berserksgangr" ist eine Lautfolge, die bei uns nur zu bekannt ist. Vermutlich muss es ursprünglich jedoch nicht "gangr" sondern "angr" geheißen haben. Der Grundgedanke kommt nämlich von ah = GEIST und r r r (= Angst, gefährlich, Abwehr, Gefahr, böse, "ein Bär kommt", "haut ab!" usw.) Die Lautfolge ist verwandt mit (ahd.) arg (= Schlechtes, Böses) und dem ärgerlich arglistigen Zwerg. Auch engl. anger = Ärger, Zorn, Wut passt gut dazu. Das Wort erscheint sogar im Zusammenhang mit Loki in der nordgermanischen Mythologie. Der war ein riesiger Gott, der Gestalt und Geschlecht wechseln konnte. Sohn der Riesin Laufey. Die Riesin Angrbodha gebar ihm zwei bedrohliche und zerstörerische Kinder: den Fenriswolf und die Midgardschlange. Seltsamerweise ist das beängstigende Lautzeichen auch im Baskischen zu erkennen: anker = grausam. [Gut fügt sich zu all diesen "GEIST böse"- Lauten auch das "krumme" "gr", siehe oben bei "Cro" (-Magnon)].

Was ist besser: "Bärenhemdigenwut" oder "grausamer Ringer"?

Das klingt alles noch sehr phantastisch, aber der Gedankenfaden ist noch nicht zu Ende. Es gibt neben Neandertalern, Riesen und Berserkern noch eine vierte Bezeichnung, die in einem Spiel auftaucht.

Die in Märchen, Sagen, Liedern und Namen versteckten Überlieferungen sind anscheinend älter und getreuer, als wir gemeinhin annehmen. Es gilt also, den wahren Kern der alten Worte zu entdecken. Deswegen müssen wir auch das scheinbar Lächerliche in die Überlegungen einbeziehen. Was ist das so Komische?

Das ist der Bibabutzemann.

Ene mene mu und raus bist du.

Eins zwei drei vier Eckstein, alles muß versteckt sein...

Dreht euch nicht um, der Plumpsack geht um...

Ich und du, Müllers Kuh, Müllers Esel, das bist du.

Es geht ein Bibabutzemann in unserm Kreis herum, fiedelbumm. Er rüttelt sich und schüttelt sich und wirft sein Säcklein hinter sich. Es geht ein Bibabutzemann in unserm Kreis herum, fiedelbumm.

Solche Abzählreime lieben die Kinder seit Jahrhunderten. Vielleicht sind die Verse noch viel älter und verarbeiten das Erlebte auf spielerische Art. Vielleicht haben die Kinder mit so einem Dreikäsehoch der Butzemänner gespielt. Mit den kleinen Butzemännern / Riesen / Neandertalern. Haben wir nicht gerade in dem Märchen gehört, dass ein Riese "Butzemann" genannt wurde? Sangen unsere Steinzeitenkel sinngemäß etwa "Es geht ein Bi-Ba-Neandertaler (Bi-Ba-Riese) in unserm Kreis herum?"

Wenn man wiederum das Baskische zu Rate zieht, könnten sie mit ihrem "Bi-Ba" sogar etwas Bestimmtes im Sinn gehabt haben. Nach dem baskischen Wörterbuch bedeuten:

bi = ZWEI,
bat = EINS und
huts = leer [huts egin* = fehlen, nicht da sein, verfehlen (egin* = 1. machen, tun 2. sprechen)].

"bi-bat-huts" könnte man damit als ZWEI-EINS-LEER oder ZWEI-EINS-(und raus bist du) verstehen. Baskisch utzi bedeutet "lassen", "zulassen", "erlauben", "überlassen", "verlassen". Aus dem neandertalerischen "bi-bat-huts" des Kinderspiels wäre dann der neckische Nname Bibabutzemann geworden. Sind die ri tan = Riesen durch das Kinderspiel zu dem Spitznamen gekommen, den die Grimms aus den Erzählungen der Alten erfuhren? Sind der Butzemann und der Bibabutzemann aus dem Abzählreim der Kinder dieselben? Sind Butzemann, Riese, Neandertaler und Berserker die unterschiedlichen Bezeichnungen für den Homo sapiens neandertalensis? Wir wissen, dass der Neandertaler und unsere Ahnen sich begegnet sind. So einen riesigstarken Typen kann man in der Landschaft nicht übersehen. Unweigerlich haben sie diesem Muskelprotz auch einen Namen gegeben. Der Neandertaler ist "erst" vor 10.000 Jahren verschwunden. Schriftliche Zeugnisse liegen zwar seit höchsten 5000 Jahren vor, die mündliche Überlieferung reicht jedoch sicher viel viel weiter zurück. Der Name müsste daher irgendwo und irgendwie (erst mündlich, später schriftlich) überliefert worden sein.

Hier werden drei Bezeichnungen für ein und denselben Neandertaler vorgeschlagen:

1. Riese (wegen der Sprechweise)
2. Berserker (wegen der Kampfweise)
3. Butzemann (Spitzname wegen der Zählweise)

Die Neandertaler sind ohne jeglichen Zweifel gefährliche Mitbewerber im Kampf um die tägliche Nahrung gewesen. Ganz sicher hat man sich daher nicht immer nur liebevoll in den Armen gelegen. Allenfalls ist man sich (so lange noch Platz war) aus dem Wege gegangen. Mit zunehmender Besiedlung muss es aber zu unvermeidlichen Begegnungen gekommen sein.

Vermutlich zu unerfreulichen, denn im Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm (Band 2) steht zu lesen (Auszug):

BUTZE, BUTZ,

... nhd. schriftsteller setzen es ganz für popanz, vogelscheuche verlarvten, vermummten Teufel...
... die teufelslarven und putzen...
darumb ist gesang, reden, pfeifen... gleich ein gebet, als die butzen (vogelscheuchen) in der menschen garten sind.
sie fürchten all am ersten den butzen.
... ein zunsel gespenst (irrwisch), ein verbutzter teufel, der leibhaft butz.
... ich hab jetz ein edelen, lündischen wind (windhund) bekommen, ich sei des leibhaften butzen (will des teufels sein), wann ihm ein has entgeht.
... so gehets es ihnen wie den putzen, die mann ins feld und garten stellet, die vögel zu schrecken...
... butz, beisz mich nicht!

... sie wartet, bis das kind schrie und damit sie es desto besser geschweigte, sagte sie zu ihrem mann. ach Peter, henk doch einen tuch über dich und geschweige das kind ein wenig, damit der bankert wieder schweige. der mann folgte und als er so verstellt daher zu brumlen kame, wu wu wu! sagte das weib zu ihm, gehe hinweg du häszlicher butz, das kind ist nicht dein, sondern mein!

Bei Grimms finden sich auch unter POTZMANN, PÖTZMANN,

... butzemann, butzenmann..., pöz, pözmann... ,

POTZMARTERN,

potz marter rufen fluchen weilen sie nit .. auf gut französisch zu potzmartern wissen.

und POTZNASE,

f. nase in einem butzenantlitze: hie tritt fraw Hulde herfür mit der potznasen.

Potznase! Das ist gemein! Aber irgendwie auch verständlich. Man weiß aufgrund der Schädelfunde, dass die Neandertaler urwüchsigere Gesichter und damit auch kräftigere Riechorgane gehabt haben müssen. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Thiahtan-en mit ihren schmalen, längeren Nasen.

Leider findet sich im dt. Wörterbuch kein Hinweis auf das Märchen "Der junge Riese". Offenbar haben die Grimms diese Gedankenverbindung nicht hergestellt. Vergleichen Sie mal die beiden Texte.

Grimms Märchen "Der junge Riese": Wie er da so saß, kam über den Berg ein großer Riese daher. »Siehst du dort den großen Butzemann?« sagte der Vater und wollte den Kleinen schrecken, damit er artig wäre...

Grimms Wörterbuch: und als er so verstellt daher zu brumlen kame, wu wu wu! sagte das weib zu ihm, gehe hinweg du häszlicher butz, das kind ist nicht dein, sondern mein!

Kann man mit einer Vogelscheuche solche Schrecken auslösen? Oder ist es in beiden Fällen die tief in der Menschenseele wurzelnde Urangst vor dem menschenfressenden Neandertaler? Wir sagen "Busemann", "böse", "Buße" und "büßen". Unsere Ahnen, "sie fürchteten all am ersten den butzen" . Tragen wir ihre Worte und ihre (teuflische) Angst vor dem "Bösen" noch mit uns herum?

75.000 Jahre haben die Homines sapientes sapientes neben den Neandertalern / Riesen her gelebt. Sie waren furchtbare Gegner. Da man Ihnen nichts anhaben konnte, ging man ihnen eben aus dem Wege.

Das änderte sich schlagartig, als die Sapientes sapientes zufällig eine Geheimwaffe geschenkt bekamen. Eine Waffe, gegen die keine Muskelkraft auf Dauer ankommt. Eine Waffe, die selbst das größte und stärkste Lebewesen vernichten kann. Eine Waffe, so leicht und flüchtig ist wie ein Lufthauch, aber unvorstellbar gefährlich.

Das war die Sprache. Sie ermöglichte den Thiahtan-en eine ganz andere gesellschaftliche Lebensweise, größere Gruppen, eine gesittetere Lebensweise und - den Krieg gegen den verhassten Erbfeind. Die neue Waffe ermöglichte das, was heute jeder blutigen Auseinandersetzung vorausgeht. Heimliche Vorbereitungen, eine sorgfältige Planung, den kalten Krieg mit Worten. Den Propagandakrieg! Den Gegner schlecht reden, den Menschenfresser, den üblen Räuber, den Mörder. Einen elenden Schurken aufbauen, und die eigenen Bushkrieger überzeugen. "Weißt Du noch, wie die neulich unseren Garten verwüstet haben?" "Bei Steinmanns sollen sie sogar ein Kind geholt haben." "Das Leben mit diesen Riesenaffen ist nicht länger zu ertragen, die werden uns eines Tages alle umbringen." "Mit dem rechten Plan könnten wir leichtes Spiel haben." "Wir müssen die Lieben in Haus und Hof vor diesen Unmenschen verteidigen, am besten schon an den Pyrenäen." Die Worte müssen nur richtig gewählt werden, es ist die Zeit der Kunst des sinnvollen Zusammenfügens (Syntax) der Wörter, des geschickten Aufbaues der Sätze aus flüchtigen Lautzeichen. "Wenn, dann." "Ja, aber." "Keine Angst, wir werden ganz sicher, mach Dir keine Sorgen, so geht es ganz einfach, die haben keine Chance."

Am Ende sind alle vorbereitet und auf das eine große Ziel eingeschworen. Die Waffen geschliffen, jeder weiß, was er zu tun hat. Erst dann bricht die gebündelte Gewalt los. Der Kampf tobt und die vielen planvoll eingesetzten schwächeren Kräfte brechen die überrumpelte rohe Urgewalt. Am Ende hat sich‘s ausgebutzt mit dem bösen Butzemann.

Haben die Thiahtan-en dank ihrer Sprache die Neandertaler am Ende ganz ausgerottet? Haben sie über die schärfer geschliffenen Worte verfügt, waren die Riesen, die nur wenige natürliche Feinde zu fürchten hatten, zu täppisch, zu arglos, um gegen das tapfere Schneiderlein zu bestehen? Wir werden es wohl nie erfahren. Nur eins ist ganz sicher: Der schwache Mensch schreckt vor keiner Hinterlist, keiner Gemeinheit, keiner blutigen Gewalt zurück. Er geht notfalls über (Neandertaler-)Leichen.

Wenn die Überlieferung ein Körnchen Wahrheit enthält, dann könnte das Baskische der Schlüssel zur Sprache der Neandertaler sein und die Basken (die moderne Europäer sind wie wir) hätten diese Sprache lediglich übernommen und weiterentwickelt. Ein versprengtes Häufchen Homines sapientes sapientes lebt zurückgezogen bei den Neandertalern und übernimmt deren Sprache. Das ist nicht unmöglich. Es könnte sogar die geringfügigen genetischen Abweichungen der Basken erklären, die auf ein längeres zurückgezogenes Dasein hindeuten.

Der Allokutiv ist die einzige Stelle, an der in der baskischen Grammatik zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht unterschieden wird. Die Grammatik ist ansonsten geschlechtsneutral. Die baskische Gesellschaft könnte demnach ursprünglich nicht patriarchalisch ausgerichtet gewesen sein. "Im Baskenland erbt immer das erste Kind den ungeteilten Hof, egal ob männlich oder weiblich." Die Neandertaler haben keine Staaten gegründet. Sie lebten nach aller Erkenntnis in kleinen Gruppen von Jägern und Sammlern, in denen jeder seinen Mann stehen mußte. Auf der Jagd kann man keine Machos gebrauchen, da sind alle gleichberechtigt, ob Männlein oder Weiblein.

Es gibt aber noch mehr Hinweise. Das Wörterbuch des Baskischen von Helmut Kühnel (Ausgabe 1999) umfasst im deutsch-baskischen Teil rund 5000 Stichwörter der baskischen Sprache der Gegenwart. Das Baskische enthält zusammengesetzte Wörter und sehr viele Fremdwörter (wie das Deutsche auch). Ein zusammengesetztes Wort ist zum Beispiel prakagorri = Teufel. Praka = Hose und gorri = rot. Ohne diese zusammengesetzten Wörter und Fremdwörter bleiben vielleicht noch etwa 2600 Wörter übrig. Darunter befinden sich 260 baskische Wörter mit ri, rri, r(i) oder rr(i). Das sind 10 %. Weitere 73 Wörter mit ir oder irr und 41 Wörter mit rre können hinzugezählt werden. Auch eine Reihe von Wörtern mit rra, rro oder rru sind zu finden. So wird im Baskischen aus der kleinen Ratte (span. rata, ital. ratto) die knurrende arratoi und aus dem entlehnten Verstand (lat. ratio) das r-betonte arrazoi.

Da die heutigen Basken ganz "normale" Mitbürgerinnen und Mitbürger sind, werden sie wohl kaum so irre lachen, wie es ihr geerbter Wortschatz nahe legt:

irri = lachen; aldarri = Geschrei; belarri = Ohr; eztarri = Kehle, Gurgel; irrintzi = 1. Wiehern 2. Freudenschrei; txirrin = Klangfarbe, Timbre; zinkuri(n) = Seufzer, Klage. Auch das baskische Zischen geht nicht ohne rrr: zirrist = Zischen. Und nur die Panzerschrankknacker bei Donald Duck lachen wie die Basken har, har, har: barre = lachen; irribarre = lächeln. Dazu gehören vielleicht auch algara = lautes Geschrei oder zurrumurru Geräusch, Gemurmel; urrueta Gurren, Girren.

Haben die Basken ihre "verwirrende" Sprache von den einsamen Neandertalern übernommen? Von diesen ungeschlachten Typen, die nach ihrem grollenden Kehllauten ri tan = Riesen genannt wurden, um die Andersartigkeit gegenüber dem thi ah tan hervorzuheben? Sie hätten dann das fremdartige ri tan vor dem Aussterben bewahrt, denn die kleinen Horden der Neandertaler wurden immer seltener und sind irgendwann um 10.000 vor unserer Zeit ganz von der Bildfläche verschwunden.

Die Thiahtan-en waren erfolgreicher. Sie lebten in größeren Gruppen, hatten mehr Nachkommen und breiteten sich über die Lande aus. Nicht nur die Blutsverwandtschaft, sondern anfangs auch die gemeinsame Sprache verbanden die immer weiter auseinander driftenden Stämme. Aus thi ah tan = sprechen ist daher irgendwann auch die Bezeichnung der Gemeinschaft gleicher Zunge geworden. Die gemeinsame Sprache stand für die Stammeszugehörigkeit. Wer so sprach wie alle anderen (nämlich thi ah tan), der gehörte zum Volk.

Daher also (ahd.) thiota, theota, deota, dheoda, thiot, theot, t(h)iet, diot, deot, diet, thied, diet = Volk.

Deshalb heißt es im Otfrid: Ni si thiot thaz thes gidrahte, in thiu iz mit in gifeht "Es existiere kein Volk, das danach strebt, mit ihnen (den Franken) zu kämpfen," oder Biscof ther sich wachorot uber kristinaz thiot "Der Bischof, der über das christliche Volk wacht".

Aber wir Deutsche haben (wie bereits gesagt) das thi ah tan, dem wir unseren Namen verdanken, nicht allein gepachtet, sondern es muss einst wohl europaweit erklungen sein. Dazu eine freie und kurze Zusammenfassung aus einem Aufsatz von Dr. Gert Meier:

Nördlich der Alpen und westlich der Weichsel siedelte schlicht "das Volk". Dieses sprach die "Sprache des Volkes", ahd. diutisk. Zu diesem "Volk" haben auch einmal die italischen Stämme, die Achaier, Jonier, Hethiter, Dorer und vielleicht auch die Etrusker (italienisch: Etruschi) gehört. Der Kern des Altlateinischen (Anmerkung: oder "Vulgärleiteinischen"?) und Dorischen dürfte diese Sprache des Volkes sein. Auch die Völker, die von ihren südlichen Nachbarn "Kelten" genannt wurden, sprachen diutisk. Noch die Achaier konnten sich mit den Hethitern ohne Hilfe eines Dolmetschers verständigen [italienisch: gli Ittiti; hethitisch tuzzi = Heer]. Mit der Abspaltung einzelner Gruppen von der diutisk sprechenden Gemeinschaft setzte eine eigenständige sprachliche Entwicklung ein - es entstanden Hetitisch, Achaisch/Ägäisch, Jonisch, später Dorisch und die italischen Dialekte. Sprachgeschichtlich gesehen verschwindet die Sprache der "Volks- oder Allgemeinsprachigen" (nämlich der diutisk / theodiske-Sprechenden) in einem alteuropäischen Kontinuum.

Meier zitiert auch Rudolf Rohrbach. Die Stelle wird hier ebenfalls kurz und frei zusammengefasst:

Es hat den Anschein, als ob die gesamte völkische Grundmasse des westlichen und nördlichen Alteuropas spätestens der Jungsteinzeit die Tuatha-Völker gewesen sind. Die Ursprünge des Wortes "deutsch" lassen sich in ganz Europa nachweisen. Lange, bevor es zu einem Staatsbegriff wurde, hatte es die Bedeutung von volkstümlich, von Volk und Land. Seine Wurzeln finden sich in vielen europäischen Dialekten. Im altirischen tuath (das irische Volk wird in alten Quellen Tuatha Dé 1Danaan genannt), im altfriesischen thuide, im altnordischen thiot, im gotischen Þiuda, im litauischen tauta, im altpreußischen tauto und im altfranzösischen tieis. Mit dem oskischen touto und dem umbrischen tota erreicht es seine südlichste Verbreitung bis zu den Italikerstämmen. Die Etymologie des Wortes macht seine europäische Ausbreitung offenkundig und damit das Vorhandensein europäischer Völkerverwandtschaften auf sprachlichem Gebiet, die enger sind als die durch indoeuropäische Sprachzusammenhänge nachgewiesenen (aus "Geschichte und Gegenwart", Heft 2/1999, S. 28 ff. Grabert-Verlag Tübingen).

Meier und Rohrbach sind haarscharf an der Lösung dran. Dr. Meier klagte, dass er zu überlastet sei, die einzelnen Abschnitte zu muspilli zu lesen. Leider, leider, sonst wüsste er, was diutisk wirklich für einen Hintergrund hat.

Wer sie aber liest und nicht versteht, ist ein Idiot (griechisch: idiotes). Das war kein "Privatmann" sondern einer, der nicht zur Sprachgemeinschaft gehörte. Aus ni-diot = nicht diot wurde unser "Idiot". So einer kann nichts verstehen. Dafür aber die Götter: Theogonie = antike griechische Bezeichnung für Abstammung der Götter = Zusammensetzung aus theot und griechisch: to genos = gebürtig. Die Götter heben damit einen Zipfel des großen Vorhanges, der unsere europäische Geschichte verhüllt. Sie zeigen, welch hohe Wertschätzung, ja Verehrung, die gemeinsame alte heilige Sprache bei den Alten besaß.

Der alte Hildebrand (»chûd ist mî al irmindeot«) war kein Idiot. Er gehörte zum Volk und konnte thi ah tan (deot).

Der Grosse Brockhaus, Kompaktausgabe, 1984, Band 10, S. 194 sollte jedoch mal in sich gehen: teuta »Die Gesellschaftsordnung der Indogermanen (?) beruhte auf der vaterrechtlich organisierten Großfamilie, die in der Siedlungsgemeinschaft (?) ihre politische Einheit fand.«

Die Sprache muss noch bis in die jüngere Frühzeit das Verbindende geblieben sein. Sonst würden auch die städtischen Siedlungen nicht span. "ciudad" oder ital. "città" heißen. Daher das deutsche Lehnwort "Stadt" (engl. "town" geht auf "Zaun" zurück).

Der ursprüngliche Sinn von thi ah tan ist "sprechen". Das hätte den Indogermanisten doch längst auffallen müssen, wenn sie das (ahd.) Wörterbuch gelesen hätten. Jeder kann sich selbst einen Reim darauf machen:

dihta, dihtta = Dichten, Dichtung

tihton, dihton, thicton, dicton ersinnen, dichten, verfassen; widmen; diktieren (!); vorschreiben, gebieten

Stattdessen haben sie sich wie die idiotes (der deutschen Sprache nicht Mächtigen) gebärdet und das angeblich "indogermanische" Wort *teuta = Stamm zusammengestoppelt (aus: altlitauisch "tauta" = Volk, oskisch "touto", altiranisch "tuath", got. "Þiuda", (ahd.) "diot", heth. "tuzzi-" = Heer).

Na lassen wir das. Lassen wir auch die weltweit zu findenden Wörter, die auf thi ah tan = sprechen zurückgehen, beiseite. Vergessen wir den großen Theoderich, den kleinen Dirk und das halbe Hundert ihrer Namensvettern, und stellen wir hiermit nur eine einzige Frage:

Glaubt jemand noch im Ernst, dass das Wort "deutsch" nicht von "sprechen" kommt? Wenn ja, dann soll ihn der Butzemann holen. Er könnte sich vielleicht auch freikaufen, wenn er hülfe, folgende (fast schon für sich sprechende) Besonderheiten des Baskischen zu erklären:

Im Baskischen lautet die Partizipialform von "sagen" esan*. (Das "gerollte" erran ist bedeutungsgleich). Beispiele:

wer hat das gesagt? - nork esan du?
was haben Sie gesagt? - zer esan du?
was sagst du da? - zertzu esaten dituk?

In der Gegenwartsform wird esan* / erran jedoch anders gebeugt:

ich sage es noch mal - berriro diot (berriro = noch mal; diot = ich sage)

Die Beugungsformen (Konjugation) von esan* sind in der Gegenwart (im Präsens):

(ni) diot                     ich sage
(hi) diok                    du sagst
(hi) dion (weiblich)     du sagst (weiblich)
(hura) dio                  er sagt

(gu) diogu                  wir sagen (gu = wir)
(zu) diozu                  Sie sagen (zu = Sie, oft dem span. tu = "du" entspr.)
(zuek) diozue             ihr sagt (zuek = ihr (Pl.); Sie)
(haiek) diote              sie sagen (haiek = sie (Pl.))

Ist es Zufall, dass die Gegenwartsformen von "sagen" im Baskischen so nach thi ah tan (= sprechen) klingen? Oder hat prakagorri (praka Hose + gorri rot) seine teuflische Hand im Spiel gehabt? Rothose mit der modischen italienischen "le braghe" = Hose? Denn auch bestimmte komplizierte Beugungsformen von baskisch ukan* (= "haben") weisen dieselben Lautfolgen auf. Dafür ein Beispiel:

Verkaufen Sie ihm den VW da hinten? - saldu aldiozu VW hura?

al ist ein Fragepartikel, der Wortteil diozu ist jedoch eine Beugungsform von ukan* - "haben" (hier: 3. Person Einzahl Akkusativ - 3. Person Einzahl Dativ, 2. Person Einzahl Ergativ). dio kann also auch "hat ihm/ihr" (statt "er sagt") heißen oder diote "haben ihm/ihr" (statt "sie sagen").

Da wird die Abneigung des rotbehosten Bösen gegen die Basken verständlich. Niemand wird jedoch gleich zum Buhmann gestempelt werden, wenn er mal ganz unschuldig ein paar baskische Zeitwörter auflistet:  


baskische Partizipialform
baskisch: erste Person Einzahl Gegenwart
deutsch: erste Person Einzahl Gegenwart
     
izan* naiz ich bin
egon* nago ich bin
etorri* nator ich komme
joan* noa ich gehe
ibili* nabil ich gehe
etzan* natza ich liege
ekarri* dakart ich bringe
eraman* daramat ich trage
ukan* (nik) dut (Ergativ) ich habe
ukan* auf ein dir. Objekt in der Einzahl bezogen ditut ich habe
erabili* darabilt ich benutze
eduki* daukat ich habe
jakin* dakit ich weiß
ikusi* dakusat ich sehe
entzun* dantzut ich höre
ezagut(u)* dazagut ich kenne
irudi* dirudit ich scheine
iraun* diraut ich bestehe
egin* (1) dagit ich mache
egin* (1) dagit ich spreche
ihardun* dihardut ich mache
eman* bademat ich gebe
esan* / erran* diot ich sage

Potz Blitz! Auch im Vergleich der Zeitwörter untereinander fällt die Besonderheit von esan*auf. Bei allen anderen wiederholen sich die kennzeichnenden Lautfolgen (blau) nur bei esan* nicht (hosenrot)!

Und noch etwas ist bemerkenswert. esan* klingt sogar ein bisschen nach dem (ahd.) "sagen". Das (ahd.) sagen, shagehn, saghen, seggen, sagan ist ein Uraltwort. Das zeigen die vielen unterschiedlichen hochdeutschen Bedeutungen an: sagen, aussagen, sprechen (von), erzählen, berichten, verkünden, verbreiten, behaupten, zuschreiben, zusprechen, bejahen, handeln (von), erörtern, behandeln, erklären, nennen, deuten. (s. Althochdeutsches Wörterbuch von Schützeichel)

Hat es nichts zu bedeuten, dass ein ganz ähnliches baskisches Wort, das mit Jenseitsvorstellungen verbunden ist, ebenfalls so thiahtan-isch klingt? Wo kommt das baskische sagara(tu) (= weihen, einsegnen; widmen) wohl her?

Zur Vollständigkeit des Gesagten gehört, die anderen Wörter zu nennen, die mit "sprechen" zu tun haben:

egin* 1. machen, tun 2. sprechen
hitz egin* sprechen ("Wort machen")
mintza(tu) sprechen (hitz "Wort")
edasi* sprechen

Beispiele:

(ongi) hitz egiten du - er spricht (gut)
musikaz mintza(tu) - über Musik sprechen
(ongi) dadasa - er spricht (gut)

Diese letzten Beispiele mögen nicht viel sagen, dafür aber der baskische erraldoi Riese. Erraldoi erinnert sowohl an den dt. Herold als auch an erran = esan* sagen! Laut Duden war der Herold ein "Heeresbeamter" oder "Ausrufer". Der Brockhaus vermutet, dass unser Herold auf einen (ahd.) heriwaldo ("Heereswalter") zurückgeht, der jedoch im Althochdeutschen Wörterbuch nicht erscheint. Im späten Mittelalter soll der Herold als Ehr(e)nhold bezeichnet worden und ein Diener von Fürsten und "Schiedsrichter oder etwa Zeremonienmeister" gewesen sein. Daher die Heraldik. Im Mittelhochdeutschen Taschenwörterbuch von Lexers ist der Ehr(e)nhold nicht verzeichnet. Die Italiener führen ihren "araldo" über franz. heraut ebenfalls auf den dt. "Heriwald" zurück. Ihre Angaben decken sich unter Punkt 1 mit denen des Brockhaus und verstehen unter Punkt 2 einen messaggero oder banditore, also auch einen Ausrufer (lo Zingarelli, Vocabulario della lingua italiana).

"Wir wissen nichts über eine künstlerische Tätigkeit des Neandertalers. Mit Cro-Magnon beginnt jedoch eine Explosion der Künste. Das älteste Relief, ein Lachs, ist 25.000 Jahre alt." So äußerte sich ein Experte. Diesen Satz müssen wir uns noch mal auf der Zunge zergehen lassen. Wir blicken auf grob gerechnet 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Warum hat sich in den ungefähr 75.000 Jahren vor "Lascaux" nichts Wesentliches getan? Warum finden sich erst seither in zunehmendem Maße Hinterlassenschaften des Menschen, die einen unaufhörlichen Fortschritt beweisen? Eine rasche "kulturelle" Aufwärtsbewegung, die offenbar nur durch gelegentliche Katastrophen kurzfristig unterbrochen worden sein kann. Es liegt nicht daran, dass von Menschenhand Geschaffenes nicht länger als 25.000 Jahre überdauert, denn es finden sich ja Artefakte. Nur belegen diese eben einen gewissen Stillstand in der Entwicklung unserer Vorfahren.

Diese Erkenntnis lässt nach den bisherigen Überlegungen nur einen vernünftigen Schluss zu. Die Cro-Magnons (und nicht die Neandertaler) haben die Sprache erfunden und daraufhin eine explosionsartige Entwicklung erlebt.

Hat der böse Butz demnach nur gelauscht?

Und hat er diese Stufe der sprachlichen Entwicklung mühsamer erklommen? So könnten aus den thiahtan-ischen Urformen von (ahd.) sagan = sprechen und thiahtan = sprechen die butzigen esan und diot (und so weiter) geworden sein. Das Wort esan* wäre dann eines der ersten Lehnwörter der Welt. Ebenso alt wie die folgenden baskischen Wörter im Zusammenhang mit sprachlicher Verständigung:
 


baskisch thiahtan-isch althochdeutsch deutsch
       
hitz thi wort, worht, hurt WORTE

(von uer thi)


izen     Name (heißen)

 

Wenn der Butzemann aber tatsächlich die Ohren gespitzt hat, so kann ihm das Herzstück des neuen Verständigungsverfahrens nicht entgangen sein. Die thiahtan-ische Ursprache hat mit dem heimeligen thi = DU und i = ICH zwischen Mutter und Kind begonnen. Diesem auf i und thi ausgerichteten Denken entsprangen auch alle auf diese ZWEI bezogenen Folgewörter: in = IN, gi = GEMEINSAM, ZUSAMMEN; li = LÄNGS, PARALLEL; bi = BEI; ni = HINEIN, NEIN. Erinnern sie sich noch an den Abzählreim: ICH und DU, Müllers Kuh, Müllers Esel der bist DU ? Er macht besonders anschaulich, wie nahe auch das Zählen dem i = ICH und thi = DU liegt. Daher entsprechen auch die Zahlen EINS und ZWEI diesem Denken und Wortschatz. Bei einer echten Ursprache ist das schlüssig. Vergleichen wir daher:

das urzeitliche Thiahtan-ische:

i = ICH und thi = DU
i = 1 und thi = 2

und das neuzeitliche Baskische:

ni = ICH und hi = DU
bat = 1 und bi = 2

Potztausend, die baskische Sprache soll doch mit keiner anderen Sprache der Welt verwandt sein! Der (mögliche) baskische Kern ist dem thiahtan-ischen im Gegensatz zu dieser Aussage auffallend ähnlich. Wir vergleichen hier zwar Äpfel (das uralte Thiahtan-ische) mit Birnen (dem neuzeitlichen Baskischen), doch dieser Vergleich offenbart eine verblüffende Übereinstimmung. Das kann kein Zufall sein und sollte selbst Indogermanisten nachdenklich stimmen. Auch wenn die Richtigkeit des thiahtan-schen Winzigwörterbuchs bis zur Stunde nicht wissenschaftlich anerkannt ist.

Das thiahtan-ische Winzigwörterbuch besteht fast zu einem Drittel aus thi (ti) Wörtern (thi, i, in, gi, li, bi, ni, mi). Entsprechend riesig ist die Zahl der "indogermanischen" Folgewörter. Man denke an die romanische Silbe "bi", die sogar im Laufe des Sprachwandels die Bedeutung ZWEI (statt BEI) angenommen hat (siehe Abschnitt "08. thi"). Das baskische bi = 2 mit seiner verhältnismäßig großen Nachkommenschaft fügt sich daher wunderbar ins Bild. Es ist eine Raubkopie, die nach dem Sinn und der Lautfolge mit dem Original nahezu übereinstimmt.

Nur bat = 1 passt nicht. Die Lautspielerei mit "i-a" ist auch in den thiahtan-ischen Sprachen bekannt. Unser "zick-zack" oder "in-an" machen den Gegensatz "bi-ba" verständlich. Mit "bi-ba" ist der Gegensatz 1-2 hervorragend getroffen. Trotzdem, oder gerade deswegen, fügt sich auch bat = 1 einfach nicht ins Bild einer eigenen baskische Ursprache. Wohl ist die Zahl der Wörter (des rein baskischen Wortschatzes), die von bat abstammen, beträchtlich und verrät ein hohes Alter dieses Separatisten. Doch muss dieser deswegen noch kein echtes Urwort sein.

Wir haben ja gesehen, wie eingeschränkt die thiahtan-ische ICH-DU-EINS-ZWEI-Denkweise anfänglich war. Diesem schlichten Beginn entsprachen die spartanischen i = ICH, thi = DU, i = 1 und thi = 2 in vollkommener Weise. Das tut bat = 1 nicht, es fällt vollkommen aus dem Rahmen der baskischen Kernwörter ni, hi, bi. Es kann daher nicht als echtes Urwort durchgehen, es muss etwas jünger und eine eigenständige baskische Erfindung sein. Trotz seines dennoch hohen Alters und der großen Nachkommenschaft ist die Zahl der Lautvarianten klein, wie die folgende Zusammenstellung beweist:

bat eins; ein(e); bat, batean plötzlich {dt. auf einmal}; bat egin* vereinen {egin* 1. machen, tun (2. sprechen)}; bat etorri* übereinkommen {etorr(i)* = kommen}; bat(u) vereinen; bederen mindestens, wenigstens; behin einmal; behin batean ... es war einmal...; behin ere ez niemals; apur bat ein bisschen (apur klein, wenig); zenbataldiz ? wie oft ?; bide batez nebenbei {bi zwei; bat eins}; batez vor allem; batera zusammen {~ dt. einig}; batasun Einheit; erabat Adv ganz, vollständig {era Art, Weise, Form; era(tu) formen, bereiten; organisieren; "eine Form"}; ebaki I. schneiden; Phon aussprechen II. Schnitt m; Schnittwunde f {ez nein; nicht; ausser; "nicht (mehr) eins"}; ebats(i) stehlen {ez nein; nicht; ausser; "nicht (mehr) zusammen"}; ebatz(i) lösen; entscheiden; Streit schlichten {ez nein; nicht; ausser; "nicht (mehr) eins"}; estatubatuar USA; US-amerikanisch {Estatu Staat; bat(u) vereinen} {-ar (2) Herkunft, Nationalität (er-, -isch)}; hainbat 1. so viel wie, umso 2. viel {hain so, solch; "so wie eins"}; hainbathobeto umso besser; horrenbat soviel; larunbat Sonnabend m, Samstag m {laru gelb; "gelb eins ?"}; orobat I. Adv gleichfalls II. Adj gleichgültig {oro alle; ganz; "alles eins"}; baita auch (allein stehend) {"vereint"}; bakan selten {"kommt vereinzelt vor"}; bakar einzig, alleinig; allein; bakarrik Adv allein {"einzeln"}; bakartate, bakartasun Einsamkeit f {"einzeln"}; bake Friede(n) m {"einig"}; bake(tu) befrieden {"einigen"}; baketiar friedliebend {"einig"}; baketsu friedlich {"einig"}; bakezale Pazifist m {"Einiger"}; bakoitz jeder; einzig {-koitz -mal -fach} {"einfach"; "nicht zusammen"}; zenbait einige {zen (er, sie) war (vgl. izan); baita auch; "war auch"}; zenbaketa Aufzählung{-keta = 1. Handlung, Vorgang 2. Suche, Beschaffung 3. Reihe, Menge}; zenbaki Zahl, Nummer; zenbaki(tu) numerieren; zenbat? wieviel(e)?; zenbat da ? was macht das ? zenbat gizon etorri dira? wieviel Leute sind gekommen? {etorri* = kommen}; zenbat(u) zählen; zenbatasun Quantität f {-tasun = Abstraktum (-heit, -keit, -e)}; zerbait (irgend) etwas {zer [mit einfachem -r] was, etwas; was (fragend); "was auch (immer)"}; batak dikuke bestea, biek begitartea Sprichw eine Hand wäscht die andere (und beide das Gesicht); ba ja; (nun) also {"ja" kommt auch von "eins" = ICH}; bai ja; bai ... eta bai ... sowohl ... als auch ... {"ja" und "ja"}; baietz ja, tatsächlich {-ezia = Abstraktum, -heit, -keit}; bana jeder einzelne; baita auch (allein stehend); eztabaida Diskussion, Streit-(Gespräch); {ez nein; nicht; ausser; bai ja; izan* sein, existieren, sich befinden => da er (sie) ist => das "nein und ja" oder das "Für und wider"}; banatan Adv getrennt {bana jeder einzelne}; badaezpada wenn zufällig; badaezpadako zweifelhaft (~ "eins nicht eins"); bare II. ruhig, gelassen; {"in sich selbst ruhend" Vorstellung EINS}; barru = barren I. Innere(s) II. Postp binnen; innerhalb [r-Gemination vor r?]; barruti Bezirk m; barne, barneko innere(r) {bare I. (2.) = Schnecke}; bete I. voll {Vorstellung EINS ?} ipete fettleibig, dick, "füllig" vgl. bete = voll; beterik dago es ist voll; bete betean auf frischer Tat, in flagranti II. füllen {~"voll und ganz" ?}; beti immer; betiko für immer; betidanik seit eh und je, schon immer {danik = seit, ab (zeitlich)} {bat eins; ein(e)}; beterri Flachland {bat eins; ein(e); bete I. voll; herri Land, Dorf, Volk; "volles Land"}; nabasi vertraut, intim; nabari allgemein bekannt; offensichtlich

Die EINS steckt in den nicht sehr unterschiedlichen Lautfolgen bat, bait, bai, ba, bar, bak, bas, bad, pad, bed, be, bet, pet. Sie scheint daher verhältnismäßig beständig gegen den Wandel der Zeit gewesen zu sein. Und das spricht für ein einsames und von äußeren Einflüssen unbeeinflusstes "baskisches" Sprachleben. Es ist angesichts dieser Sammlung auch nicht anzunehmen, dass bat vor Urzeiten so viel anders ausgesehen haben könnte. Denn keine denkbare Lautverschiebung und kein möglicher Sprachwandel könnten aus einem Wort, das zwangsläufig ni = ICH, hi = DU und bi = 2 ähnlich gewesen sein müsste, ein bat = 1 machen. Es wurde von den Lauschern als Zahlwort anfangs nicht unbedingt benötigt, ja vielleicht nicht einmal in seiner Bedeutung gleich verstanden. So war man später gezwungen, sich selbst etwas auszudenken. Das baskische bi - bat könnte daher eine der sprachlichen Weichen sein. Hier hätte Euskera ein eigenes Leben begonnen.

Im Winzigwörterbuch hatten wir bei den i-Wörtern die Lautfolge hi vermisst, nun ist der Grund zu ahnen, sie wurde von den bösen Butzen für DU verwendet. Außer ICH und DU gibt es aber noch ein anderes Kernwort. Eines, das aus der Zweierbeziehung von Mutter und Kind hinauswies. Es ist der = DER, DER ANDERE! Aus diesem der, das aus der Vorstellung von ALLEM ANDEREN (im KREIS um die beiden herum) hervorging, wurden später alle weiteren Wörter der Erscheinungswelt im UM-KEIS der beiden abgeleitet. Also, wie in der Winzigwörtersammlung dargestellt, auch die Zahl deri = DREI. Diesem frisch geborenen ICH-DU-DER-Denken entspricht zunächst auch die Rechenkunst der Altsteinzeit. Man be- oder vergnügte sich zunächst mit den "Zahlen" EINS, ZWEI, DREI und VIELE.

Am Rande bemerkt: Es gibt Fachleute, die das (auch bei den Maya verwendete) auf der Zahl 20 fußende 20ger-Zahlensystem (Vigesimalsystem) in ihre vaskonische Substrattheorie einbeziehen. Dieses System muss jedoch sehr viel jünger sein.

Ich, du, der – das war das geistige Koordinatensystem der Alteuropäer, doch was dachten die (Ne-)anderen? Vergleichen Sie bitte:


baskisch thiahtan-isch althochdeutsch deutsch
       
ni i ic(h), ihc, i(h)k, hii(c)h, i(h)g, (h)i, e(h), [e]g ICH ah mih = weh mir
hi thi t(h)u, ..., dhu, du, duo, diu, do, to DU
hura der t(h)er ... der ... der

Lässt sich bestreiten, dass hura und der einander ähnlich sind? Auch baskisch nor = "wer" und eine Reihe ähnlicher Wörter klingen verwandt. Überhaupt könnte auch das Zählen (bis auf die EINS) weitgehend abgehört worden sein:


baskisch thiahtan-isch althochdeutsch deutsch
       
bat i ein EINS
bi thi zwene ZWEI
hiru deri t(h)ri, ... DREI
laur fir fior, feor, fiar, fier VIER
bost han ? (Hand) fimf 5 (Faust?)
sei ? seh(s), sex sechs
zazpi ti bi han (zwei bei Hand) sibun, siban, ... sieben

 

Zugestandenermaßen bedarf es einigen Vorstellungsvermögens, z. B. zwischen hiru und deri eine lautliche Beziehung herauszuhören. Das ändert sich jedoch, wenn man mögliche Schwierigkeiten der Lautwiedergabe einer ungeübten Neandertalerkehle berücksichtigt. Ohne die thiahtan-ische Unterscheidung der Selbstlaute ergibt sich für die Zahl DREI eine größere Übereinstimmung (blau): hiru und deri. Oder die Zahl VIER laur und fir.

Gemäß dem Strukturkurs Baskisch S.10: gibt es deutliche Beschränkungen im Wortanlaut für rekonstruierbare Stufen des Baskischen (kein p-, t-, d-, r-, extrem selten k-, keine Konsonantencluster am Wortanfang). "So wäre aus deri vielleicht hiru geworden. Das "f" wird zwar im Strukturkurs nicht erwähnt, jedoch ist selbst heutzutage die Zahl der baskischen Wörter, die mit "f" beginnen, verschwindend gering. Von 2726 sind es mal eben 11! Potznase könnte das "f" am Anfang der Wörter ebenfalls nicht gemocht (aber dafür keine Probleme mit dem "l" oder "b") gehabt zu haben. Wurde aus fir infolgedessen das bequemere laur?

Der Buchstabe "b" belegt nach "z" sogar den zweiten Platz in der Rangfolge der am Anfang eines Wortes stehenden Mitlaute im Neubaskischen. Das könnte den Wandel von thi zu bi erklären. Unter den Selbstlauten ist "a" (besonders am Wortbeginn) der unumschränkte Renner, "biba" liegt also nahe.

Anhäufungen von Mitlauten (Konsonantencluster) am Wortanfang scheinen auch nicht beliebt gewesen zu sein. Spricht das Fehlen (beispielsweise) von "sp" oder "kr" nicht auch für eine gewisse sprachliche Unbeholfenheit, die unseren Verdacht bestärken könnte?

Wenn das Ur-Euskera keine reine Eigenentwicklung darstellt, sondern erst aus dem Hörerlebnis der thiahtan-ischen Ursprache hervorgegangen ist, dann müsste es Übereinstimmungen geben. Die gibt es ohne Zweifel, wenn man dem Baskischen auf den Grund geht. Es lässt sich jedoch darüber hinaus zeigen, dass sich die baskische Entwicklung im Anschluss an den ersten Lauschangriff nach den gleichen Spielregeln vollzogen hat. Nach genau den selben Naturgesetzen, über die sich unser Sapiensgehirn offensichtlich nicht hinwegsetzen kann.

Wörter, welche das Verhalten von zwei Dingen, zwei Lebewesen oder zwei Sachverhalten zueinander bezeichnen, gehören gedanklich zusammen. Ohne "innen" kein "außen", ohne "die eine" nicht "die andere", ohne "hier" kein "da". Wie nun Euskera (unabhängig vom Thiahtan-ischen) bestätigt, wird daher bei der Neuschöpfung solcher ZWEI-Wörter ein entsprechender ZWEI-Bereich im Denken aufgerufen. Infolgedessen ist auch ein bevorzugtes (im Baskischen von bi = ZWEI geprägtes) Lautmuster zu erkennen. Bei der Suche danach ist zu berücksichtigen, dass im Laufe der Sprachgeschichte Lautverschiebungen stattgefunden haben können. Die ermüdende Aufzählung von solchen Beispielen bleibt uns nicht erspart und es wird zur Bekämpfung des Gähnens empfohlen, diese in einem ersten Überblick zunächst nur zu überfliegen:

azpi unten (unten und oben = Vorstellung ZWEI); biak beide; bider Mal (klingt fast wie deutsch "wieder" im Sinne noch einmal, ein zweites Mal!); bibider zweimal bider(tu) multiplizieren, malnehmen; biderka(tu) vermehren, multiplizieren; biga zwei (alleinstehend); zu zweit {thiahtan-isch: bi gi = BEI GEMEINSAM}; bigarren zweite(r); bigira Treffen,Gespräch {auch "gi" < bi; die Silbe -ra (Pl -etara) wird im Baskischen gerne zur Richtungsangabe, zu / nach ...hin, verwendet; verwandt: dt Begegnung < bi gi = BEI GEMEINSAM}; bigun weich, sanft (dt. biegsam); beste 1. andere(r); bestalde Adv andererseits {beste 1. andere(r) < bi zwei; alde = neben, bei}; besteak beste unter anderem; beste(rik) gabe ohne weiteres; bestela sonst {beste 1. andere(r)}; bestelako verschieden, andere(r); besteak Pl Verschiedenes n (Zeitungsrubrik); bestetzu andere Pl; bide batez nebenbei {bi zwei; bat eins; ez nein; nicht; ausser}; bezala wie {be < bi zwei}; bihotz Herz n {bi zwei, hots = Geräusch, Lärm, Laut => "zwei Laute"?}; birritan zweimal; bizki Zwilling, biki Zwilling; bira Wendung {-ra (Pl -etara) Richtungsangabe, zu / nach ...hin}; birazte Umdrehung; bira(tu) umkehren, (sich) umdrehen; biribil rund {-bir-, (berr-) = noch eimal, wieder-, re-, zurück-} {bil = Ähnlichkeit, Bezug (-lich u.a. < bi li} {verwandt: Ball, Bühl < bi hal}; duda Zweifel m {"du" < ti = ZWEI ? "duda" könnte auch ein Lehnwort sein. Verwandt: ital. dubbio; dt. Zwei-fel; Man hat auch im Baskischen die Wahl zwischen ZWEI Möglichkeiten, wenn man zweifelt} duda(rik) gabe ohne Zweifel, gewiss; duela vor (zeitl) {"du" < ti ? (es geht um die Beziehung von ZWEI Zeitzuständen}; beregana(tu) sich aneignen {bere sein, ihr (Sg)}; -gain = über-, super-; gain I. Gipfel II. oben; gaine Postp auf, über; berrasi wiederbeginnen, wieder anknüpfen; berrizki Adv kürzlich, jüngst; bertan ebendort {Vorstellung ZWEI, nicht hier sondern dort}; bihar morgen {Vorstellung ZWEI, nicht heute sondern morgen}; bihur(tu) verdrehen, umdrehen {bi zwei, "hur" < der, ähnlich: Hurikan, Wirbelwind; Torsion; Turm}; bihurri 1. krumm 2. rebellisch; bihur(tu) verdrehen, umdrehen "verdreht", "umgedreht"; bikain ausgezeichnet, hervorragend {auf der einen Seite die Gruppe der nicht Ausgezeichneten und auf der anderen der Ausgezeichnete, d.h. Vorstellung ZWEI, vgl. auch -gain = über-, super-}; bila(tu) suchen {Vorstellung ZWEI, nicht hier sondern dort}; bil(du) sich versammeln, sammeln {vgl. bigira Treffen n, Gespräch}; bilduma Sammlung; bilera Versammlung; bileraz(i) zusammenrufen, versammeln {-erazi machen (transitives Verb)}; biltzarre Versammlung f {bil(du) sich versammeln, sammeln; ezarr(i) setzen, stellen, legen}; bilgor Talg, Fett{vgl. bil(du) sich versammeln, sammeln; agor trocken, ausgetrocknet, ohne Wasser; ur Wasser; "das gesammelte Getrocknete"}; bailara reg Tal {das Tal teilt eine Landschaft, d. h. Vorstellung ZWEI}; begi Auge {Vorstellung ZWEI}; abegi Empfang {begi Auge; ähnlich: dt. Schau}; abar 1. Zweig 2. Rest {bir- = -ber- (2) = wieder-, neu-; bi zwei; "Zweig" kommt auch von zwei. (Auffällig ist die Ähnlichkeit mit lat. arbor = Baum)}; eta abar und so weiter {eta 1. und; abar 1. "und (weiter) verzweigend"}; abarketa Pantoffel, Hausschuh {abar 1. Zweig; "aus Zweigen geflochtener Schuh" ?} {-keta = 1. Handlung, Vorgang 2. Suche, Beschaffung 3. Reihe, Menge}; bezuza Geschenk {Vorstellung ZWEI, wie bei Ga-be}; bihi Korn,Frucht {Vorstellung ZWEI; Dieser T e i l der Pflanze wird u. U. wieder eine Pflanze oder von biribil rund}; dailu Sichel, Sense {span. dalla = Sense} {-gailu (-ailu) = Mittel, Instrument} {verwandt: dt. teilen, zerteilen = schneiden, wörtl. "Teiler" < thi ? Lehnwort ?}; gabe Postp 1. ohne: diru gabe od. dirurik gabe (auch: diru gaberik) ohne Geld 2. vor (zeitl); bihar gabe vor morgen 3 . Suff -los, un- {-gabe = Fehlen (-los). Ähnliche Vorstellung wie bei dt. Giebel (zusammen) / Gabel (auseinander)}; gabe(tu) (einer Sache) berauben; sich enthalten; gabez Postp mangels, in Ermangelung (+ Gen) {-ez, ez- = Verneinung (nicht-, un-, in-, -los}; gibel II. hinten; gibel egin* zurückweichen (hinten oder vorne = Vorstellung ZWEI); gune 1. Kern; Mark 2. Ort; Bezirk; Zone [Der Kern ist innen. Die 2. Bedeutung "Ort, Bezirk, Zone" könnte entlehnt sein. Zitat: "Ursprünglicher als die Markgenossenschaft ist der Geschlechtsverband, die Konne, Künne oder Günne, die im Mittelalter noch als Ganerbenschaft in der Pfalz weiterlebte" ("Das Geheimnis der deutschen Ortsnamen", Herman Albert Prietze, Verlag Hohe Warte 1955, S. 57); siehe dazu auch (ahd.) quena = (Ehe-)Frau, Gattin und lat. genus = Geschlecht (siehe Abschnitt "40. Das sollen Urwörter sein?"]; bide 1. Weg m; Mittel n, Methode f; Recht n; II. Adv sicher(lich) {Der Weg zum Ziel, das Mittel zum Erfolg, von hier nach da, daher "bi" Vorstellung ZWEI}; bidal(i) senden, schicken ("auf den Weg bringen"); atze hintere(r); atzera nach hinten, atzetik von hinten ["ze" < bi Vorstellung ZWEI, (hinten und vorn)]; baina aber; baino 1. Komp als 2. sondern 3.: baino ez nur, einzig {"nichts anderes als"}; baldin falls {-aldi = Augenblick, Zeit, Vorgang} {ba- = conditional}; barik Postp statt; ba(da) dann, also; baizik nachgestellt Konj sondern {-(r)ik (1) = Partitivsuffix zur Angabe einer Teilmenge, in der Frage und bei Verneinung} {baita auch; ez nein; nicht; ausser; "nicht auch"}

Häufige baskische Wortbausteine sind auch:

{-bir-, (berr-) = noch eimal, wieder-, re-, zurück-}
{-bide (pide) = (s. oben 1. Weg; Mittel, Methode; Recht) 2. Verbalabstraktum}
{-bil (-pil) = Ähnlichkeit, Bezug (-lich u.a.) < bi li ?}
{-bitxi = Verwandtschaft}
{-erdi, erdi- = halb-, semi-, fast, Mitte, Hälfte, in Zus halb(-), semi(-)}
{-ki (-gi) 1. Fleisch 2. Instrument 3. Adverb 4. Bezug}
{-kide (-ide) = Gemeinsamkeit (Mit-, Co-)}
{-ko (nach l u. n -go) (1) = lokativer (ortsbezogener) Genitiv etxeko atea die Tür des Hauses}
{-ko (nach l u. n -go) (2) = Sache, Person (Bestimmung, Zweck), z. B. buruko = Kopfkissen (buru = Kopf)}
{-ko (nach l u. n -go) (3) = Adv für (zeitlich), z. B. betiko = für immer}
{-ko (nach l u. n -go) (5) = Kollektivsuffix}
{-ko (nach l u. n -go) (7) = Futur des Verbs}
{-koitz = -mal, -fach}
{-ko(t)z = Zeitadverb, für (vgl. ko 3.) z. B. gaurkoz = für heute, betikoz = für immer
{-kor = Neigung zu, -haft
{-pe(an) = unter(halb)}
{-ti = versehen mit, charakterisiert durch; goseti hungrig, izuti furchtsam}
{-tik (nach n -dik), Pl -etatik (örtliche) Herkunft, von aus}
{-zi = Ähnlichkeit, Zugehörigkeit; z. B. zuzi Fackel; pagazi Buchecker}

Das sind baskische Wörter oder häufig gebrauchte Wortbestandteile, die sich auf die Vorstellung (Idee) ZWEI zurückführen lassen. Diese spielt demnach offensichtlich nicht nur in der thiahtan-ischen Sprachwelt, eine grundlegende Hauptrolle (siehe Abschnitt "08. thi"). Hier wie da ist die Kernvorstellung (ZWEI) zu erkennen. Die baskischen bi, pi, be, pe, ba, bai, ga, gai, go, gi, ki, kai, ko, koi, ti, di, du, zi, ze treten sogar teilweise auch im Thiahtan-ischen auf. Wenn man beherzigt, dass in beiden Fällen unvermeidliche Kolateralschäden infolge der Zeit aufgetreten sein müssen, so sind die Gemeinsamkeiten bei der Wortbildung um so erstaunlicher.

Zur Bekämpfung der nun endgültig einsetzenden Langeweile sollten wir uns nochmals verdeutlichen, um was es hier letztlich geht. Der Mensch folgt einem inneren Drang nach Erkenntnis. Daher scheut er weder Kosten noch Mühe, diese zu gewinnen. Ganz besonders wichtig scheint ihm die Frage nach den eigenen Wurzeln zu sein. Denn unzählige Forschungseinrichtungen und Wissenschaftler suchen mit Milliardenaufwand nach den Wurzeln der Menschheit. Darunter auch die Indogermanisten. Deren Rekonstruktion des "Indogermanischen", das Ergebnis einer über 100-jährigen Tüftelarbeit, ist jedoch nicht besonders überzeugend und selbst unter Fachleuten umstritten. Als Folge dessen gibt es ungezählte Gegentheorien oder Verbesserungsvorschläge, die sich jedoch ebenfalls nicht beweisen lassen. Andere Wissenschaftszweige können hoffen, dass irgendwann das fehlende Glied in ihrer Beweiskette gefunden werden könnte, ein versteinertes Knöchelchen, ein von Menschenhand geschaffenes Bruchstückchen. Irgendetwas, das ihre Theorie unwiderlegbar macht. Aber die Sprachforscher? Tote reden nicht und Schrift gibt es erst seit einem Wimpernschlag der Menschheitsgeschichte. Wörter kann man nicht ausgraben, wie soll man da etwas beweisen?

Und doch gibt es möglicherweise ein, sogar noch lebendes, Sprachfossil. Euskera, das sich aufgrund seiner Isolation über Tausende von Jahren hinweg kaum weiterentwickelt zu haben scheint und nicht mit dem "Indogermanischen" verwandt sein soll. Das setzt übrigens auch Vennemann stillschweigend voraus. Wenn diese Annahme (mehr oder weniger) zuträfe, verfügten wir über zwei (fast) völlig voneinander unabhängige Verständigungssysteme, die zum wissenschaftlichen Vergleich einladen. Jede Theorie über die Entstehung und Entwicklung des einen könnte anhand des anderen überprüft werden.

Im Grunde haben wir bis hierher nichts Anderes getan. Wir haben die thiahtan-ische Theorie auf das Euskera batua (das Einheitsbaskische) angewendet. Dabei haben sich bei den Schlüsselwörtern (i, thi, der und "sprechen") lautliche Übereinstimmungen ergeben, die nicht zufällig sein können. Daraus folgt, dass es entgegen der bisherigen Annahme doch eine tiefwurzelnde Verwandtschaft zwischen beiden Lautsystemen gibt. Es lässt sich sogar ein beiden gemeinsames ursprachliches ICH-DU-DER-Denkschema erkennen. In beiden Sprachsystemen ist zum Beispiel die Idee ZWEI in Klangbild und Bedeutung ähnlich. Im einen wie im anderen Fall ist die Zahl der Wörter, die sich von der ZWEI ableiten, vergleichbar groß. Und noch zwei Parallelen zeichnen sich ab. Hier sind es die "germanischen" Töchter, die aufgrund ihrer ehemaligen Randlage die Ursprache am besten bewahrt zu haben scheinen, dort ist es das isolierte Euskera. Die thiahtan-ische Theorie deckt also in mehrfacher Hinsicht systematische Zusammenhänge auf, die kein Spiel des Zufalls sein können.

Es liegt ja auch auf der Hand, dass Wörter aus Sprachen der Stufe 2 (wie der thiahtan-ischen oder baskischen Ursprache) im Allgemeinen mehrdeutig sein müssen. Das ergibt sich einfach aus der mangelnden Leistungsfähigkeit unseres Gehirns. Eine noch nicht erwähnte Folge dieser "Schwäche" ist die "Faulheit". Wenn wir unseren Wortvorrat vergrößern, denken wir uns nämlich nicht jedes mal etwas Neues aus. Wir greifen lieber auf das Naheliegende und Bekannte zurück. Wir setzen unbewusst unsere Kräfte so wirtschaftlich wie möglich ein. So werden zum Beispiel aus dem Lautzeichen "Hand" weiter Wörter wie handlich, hantieren, behände, (engleutsch) Handy, Buchhandlung, Händel (Streit), Hantel oder (neudenglisch) "händeln" (= handhaben) abgeleitet. Oft ist der Sinnzusammenhang nicht so leicht zu erkennen oder abhanden gekommen. Doch anhand der Naturgesetze wird klar, dass völlige Neuschöpfungen selten sind und sich statt dessen die meisten Wörter irgendwie sinngemäß zu Gruppen zusammenfügen lassen müssen. Diese einfache Tatsache, von der die thiahtan-ische Theorie ausgeht, wird nun auch vom Baskischen bestätigt.

Einem Baskischkenner sollte es angesichts dieser Gemeinsamkeiten möglich sein, auf ähnliche Art und Weise ein baskisches Winzigwörterbuch zu rekonstruieren.

Bei der Sucharbeit nach baskischen Uraltwörtern könnten die bisherigen Erfahrungen hilfreich sein. So scheinen Urwörter gerne aus wenigen Lauten zu bestehen und leicht auszusprechen zu sein. Linguistische Monstren wie *ngni = "Feuer" können daher wohl von vornherein ausgeschlossen werden. Hinweise sind Wörter mit vielen übertragenen Bedeutungen sowie Gruppen laut- und sinnverwandter Wörter. Im Baskischen finden sich ebenfalls solche Wortgruppen. Dafür einige Beispiele mit kurzer Bewertung.

Bevor die Menschen das Sprechen lernten, kannten sie nur einzelne vieldeutige Laute, um sich ungefähr verständlich zu machen. Das mit verzerrtem Gesicht ausgestoßene sss (die Sprache der Stufe 1) bedeute z. B. Schmerz oder drückte ähnliche Gefühle aus, rrr signalisierte Gefahr und alles mögliche andere Unangenehme. Beim Übergang zur Sprache wurden daraus die Urwörter: iss = HEISS, KALT, WEISS, SCHMERZ und fir = FEUER.

Die "baskische" Entsprechung des gefährlichen fir scheint das schmerzversprechende su = Feuer zu sein. Baskisch "s" wird etwa wie dt. ss (Hass), aber etwas zischender gesprochen. Das tiefe "ssu" und das helle "iss" haben anscheinend die gleiche vorsprachliche Wurzel, sie signalisieren beide "HEISS". Von der baskischen Idee su "Feuer" leben:

suberma(tu) reizen; berühren, beunruhigen; erhitzen; suemaile Brandstifter {(-le) = handelnde Person }; sugar Flamme (gar = Flamme < fir, siehe weiter unten); suhar feurig, wild {har(tu) 1. aufnehmen, empfangen; behandeln 2. besetzen}; sukalde Küche; sukar Fieber; sukarra dut ich habe Fieber; sumin Wut, Raserei, Frostbeule (min Schmerz); zukurutz (grosse) Angst (dt. "Kreuzangst"); suntsi(tu) zerstören, verwüsten; sutaldi Feuerstrahl; sutan entzündet, glühend; fig wütend; sutarri = sukarri = Feuerstein, Kiesel (-arri = harri = Stein); sute Brand, Feuer; suzi (Brand-)Fackel; suzi(tu) (durch Feuer) zerstören; sumendi Vulkan ("Feuerberg"); susmo Verdacht (?); asun Brennessel; eguzki Sonne (?); txukul(du) rösten, anbrennen lassen; txuleta Kotelett, Steak (oder ist das eine Verballhornung?); odol su gabe diraki Sprichw Blut kocht ohne Feuer (odol Blut);

Alle Menschen empfinden Schmerz, auch die Neandertaler. Die einen sagen su und die anderen iss. Folgende laut- und sinnverwandte Wörter könnten daher vom thiahtan-ischen Urwort iss abstammen, also direkt oder indirekt abgeluchst worden sein:

izeki* brennen, glühen; izer(tu) schwitzen; izerdi Schweiss; izpi Splitter; Lichtstrahl; izkina Ecke; izei Tanne (sinnverwandt: dt. heiß, Hitze, heizen; ähnliche Idee: Föhre, Fichte, Buche, lat. fagus = Buche < fir); aitzur Hacke, Axt; aizkora Axt {ahd. azase = Werkzeug, ahd. asck = Speer, ahd. ac(c)us = Axt}; aihotz (Hack-)Messer; ehiza Jagd (vgl. ihes Flucht; verwandt: Hatz, Hetze, ("Fahne") hissen d. h. Gras, Gebüsch anzuzünden und das Wild aufzujagen und zu hetzen, heizen); hotz I. Kälte f II. kalt (hotz egin* kalt sein; egin* machen); hozka egin* beißen; piz(tu) entzünden; fig schüren; pizkailu (auch pizgailu)Feuerzeug (-gailu = Mittel, Instrument); printz Funkeln; izotz Raureif, Frost; izoz(tu) frieren; izozki Speiseeis; izu Erschrecken, Schreck (dt. "eisiger Schreck" < iss)

Vom thiahtan-ischen fir könnten Folgende beeinflusst worden sein:

gar = Flamme, fig Begeisterung ("gar" < fir); garo Farnkraut (Das deutsche Wort "Farn" kommt auch von fir = FEUER; vgl. auch baskisch ira = Farnkraut); garmendi Vulkan ("Flammenberg"); gedar Russ; txingar (Kohlen-)Glut; xigor(tu) anbrennen lassen; borrero Henker ("bor" < fir); burdin(a) Eisen ("bur" < fir); errementari {("Eisen-")Schmied; ferra Hufeisen ["(f)erre"< fir]; deabru Teufel (span. diablo = Teufel, ahd. tiuval = Teufel; Deubel stammt wohl von ahd. te ubil, ubel = das Übel, das Böse; die Silbe "bru" kommt entweder von fir oder die span. Lautfolge "blo" wurde durch Lautverschiebung von "l" nach "r" zu "bru", das würde die Annahme der Neigung der "Riesen" zum "rrr" unterstützen)

Sinngemäß passt auch das Holz zum baskischen Feuer (su). Ohne Holz kein gefährliches (rrr) Feuer. Es wäre somit ein neander(to)tales Original:

zur [mit einfachem -r] (Bau-)Holz; zubi Brücke (eigentlich Holzbrücke); zurezko zubia Holzbrücke (Holz doppeltgemoppelt); zubibide Viaduk; zurbeltz Steineiche (beltz schwarz); zumar Ulme; zume (Korb-)Weide; zurtxuri Weißpappel (zuri weiß); zurzuri Pappel; zursare Jalousie, Rollladen {zur (Bau-)Holz; sare Netz} Vielleicht gehört hier auch dazu: egur (Brenn-)Holz (oder "gur" < fir?); eguraldi Wetter (Holzzeit);

Ist "weiß" mit Holz in Verbindung zu bringen? Bei den Neandertalern wäre dann der Sinnzusammenhang su (Feuer) => zur (Holz) => zuri (weiß). Bei uns besteht eine ganz ähnliche Beziehung zwischen iss – "heiß" – "Eis" – "weiß".

zuri (2) weiß; zurbil = zurpail blass, bleich; zuri(tu) weißen, weiß tünchen; fig rechtfertigen, weißwaschen; zuribide Entschuldigung, Entlastung (bide = 1. Weg; Mittel, Methode; Recht 2. Verbalabstraktum); zuringo Eiweiß; zurito ein kleines helles Bier {-tto = wie –to, Diminutiv (-chen, -lein)}

Wer nicht su eta lama (Feuer und Flamme) ist, wird auch gegen lama als mögliches Lehnwort Bedenken tragen und noch etwas darüber nachdenken wollen.

Die Thiahtan-en haben über die unbegreifliche Natur des lebensspendenden Wassers nachgegrübelt. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass darin Übernatürliches (nämlich der Geist ah) wirkt. Aus GEIST HABEN = ah han wurden dann später beispielsweise ahd. aha = Wasser, Flut, Fluss; waz(z)er = Wasser (von aha und der); watan = waten; wasga = Waschung, Bad; wag = Wasser, Flut, See oder lat. aqua. Das haben die alten Römer aus ah han "Wasser" gemacht. Die Gewässersilben -ach oder -bach sind das Ergebnis des "germanischen" Lautwandels. Ganz im Gegensatz zur Behauptung der Substrattheorie, es sei "für das Alt-Indoeuropäische untypisch, gehört das "a" also zum "Wasser" wie der Fisch in die Vésère (bei Lascaux) oder in die dt. Acher (bei Achern). (Ein Drittel des Winzigwörterbuches besteht aus a-Wörtern.)

Das baskische ur (= Wasser) riecht dagegen nach einem eigenen baskischen Urwort. Der tiefe Selbstlaut in Verbindung mit dem "r" legt den Verdacht nahe, dass Herr und Frau Butzemann wasserscheu gewesen sein könnten. (Das Urwort uher, von dem das lat. "ewige Element" aurum = Gold inspiriert ist, klingt zwar lautverwandt, doch dürfte diese Gedankenverbindung zu weit hergeholt sein.)

ur (1) [mit einfachem -r] Wasser; uh- = ur; u- in Zus = ur; ubegi = urbegi Quelle (begi = Auge); ugar schwimmen (reg = igeri); ugaraixo reg Frosch {-ar (Tier-)Männchen}; ugari 1. im Überfluss vorhanden, reichlich II. reg fließen; ugatz (weibliche) Brust, Euter, Muttermilch; uher trüb; uhin Welle; uhol Sturzbach; uholde Überschwemmung, Sintflut; ur(tu) schmelzen, sich auflösen; urdin (2) schmutzig; trübe; urezta(tu) bewässern; urlasun (eine Art) Meeräsche; urmahel Teich ("stehendes Wasser"); urtar Wasser (-tar = Herkunft; Anhänger, Zugehörigkeit); urtarril Januar (-il = hil 2. Monat => "Regenmonat); urtze Schmelzen {-te, -tze= 1. Zeit, 2. Verbalsubstantiv (durch Weglassen der Partizip-Endung)}; uxal durchnässt.

Eine baskische Gruppe, von der Vennemann einen Teil seiner "altindoeuropäischen Hydronyme" herleitet, ist

ibai Fluss; ibar Aue, fruchtbare Ebene (am Fluss); ibi Furt, flache (überquerbare) Stelle (in einem Fluss), Watt;

Dazu passen auch: igeri schwimmend; ihi Binse; ihintz (Morgen-)Tau; isuri schütten, giessen; isurki flüssig; liquid; ito ertrinken; itsaso Meer, See f ; iturbegi Quelle (begi = Auge); iturri Quelle, Brunnen; iturburu Ursprung

Nicht dazuzupassen scheinen: jario* quellen, (heraus)fließen; jatorri Ursprung; jasa starker Regen; joso Regenwolken; osin Brunnen.

Die Zahl der aus der romanischen Nachbarschaft übernommenen "neuzeitlichen" Vokabeln ist erheblich. Ein Zeichen dafür, das die Isolation der modernen Basken schon lange überwunden ist. Eine wichtige Teilaufgabe bestünde also darin, diese (aber auch die vielleicht weit ältere) fremde Spreu vom baskische Weizen zu scheiden. Ist seme = Sohn (um ein Beispiel zu nennen) mit (ahd.) samo (= Same; Nachkommenschaft) in Verbindung zu bringen? Diese Arbeit kann nur gemeinschaftlich von Sprachwissenschaftlern beider Sprachsysteme geleistet werden. Bis zu deren Abschluss bleibt das baskische Rätsel noch spannend und das Endergebnis offen.

Schon jetzt besteht allerdings der böse Verdacht, dass man nicht auf das in sich schlüssige System einer Ursprache stoßen wird. Dann wäre Euskera eine Art Pidginsprache, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt durch Hören angeregt worden wäre und danach einen völlig eigenen einsamen Weg eingeschlagen hätte.

Dieser Aufsatz soll jedoch nicht ohne eine vorläufige Stellungnahme zu den vaskonischen (Pro)thesen abschließen, "wenne" man das mal so sagen darf. Einen ersten Eindruck mag der Zusammenschnitt der abgedruckten Antworten auf Vennemanns Artikel im Spektrum der Wissenschaft vom Mai 2002 geben: "Die zentrale These dieses Titelthemas, dass alle Europäer Basken sind, ist nicht haltbar", Dr. Thomas G., (Spektrum d. W. 8/02). "Dieser Aufsatz ist sehr informativ", Dipl.-Ing. Wolfgang F., (Spektrum d. W. 8/02). "Die vorgebrachten Argumente sind wenig überzeugend", Prof. K. R. Schr., (Spektrum d. W. 9/02). "Diese Beiträge erfordern Widerspruch", Prof. Hellmut T., (Spektrum d. W. 10/02). "Ich finde es schon bedauerlich, dass eine so wilde Theorie einem größeren Publikum als Tatsache vorgeführt wird.", Dieter Sch., (Spektrum d. W. 10/02). "Der Beitrag über die Ursprache der Europäer hat mir sehr gefallen, ...", Prof. Heiner F., (Spektrum d. W. 10/02). Im übrigen halte ich die ... these ... nicht für eine "wilde Theorie", Dr. Manfred F., (Spektrum d. W. 12/02).

Was kann man Vennemanns spektrum-ulären Artikel an Greifbarem entnehmen? Dass sich europaweit häufig wiederkehrende Gewässer- oder auch Ortsbezeichnungen finden, die mit Hilfe des "Indogermanischen" nicht zu deuten sind.

Diese Namen können also, so der Münchner, nur in vorindogermanischer Zeit (bereits vor mehr als 10 - 15.000 Jahren) von einer baskischen Urbevölkerung vergeben worden sein. Zu diesem Schluss sind er und andere gekommen, weil es Ähnlichkeiten zwischen den rätselhaften uralten Gewässernamen und dem Baskischen gibt. Damit nicht jeder im Spektrum nachschlagen muss, werden die meisten vennemannschen Beispiele hier wiederholt.

Da sind die Gewässernamen: Ebro (lat. Iberus, mündet in Nordspanien ins Mittelmeer), Ibar (Montenegro, Serbien), 2x Ebrach, mehrere mal Eberbach, Ibra (Oberaula / Hessen), Ybbs (älter ibisa / Österreich) usw..

Anmerkung: Diese Gruppe klingt nach baskisch ibara = Tal, Flussmündung; ibai = Fluss oder ibaso = Fluss (Anmerkung: Diese Variante ist nicht im Wörterbuch zu finden)!

Eine andere Gruppe bilden die Gewässer auf al- | alm- (wobei "für al- die Bedeutung von "Gewässer" oder "Bach" nur postuliert worden ist"): Aller, Alm, Elz (Alantia), Alme 2x (Almana, Almara), Ahla, Elte (Alantia), auf der iberischen Halbinsel: Alba, Alenza, Almar, Almanza, Almonte, Almantes ("Die Liste ließe sich fortsetzen", so Vennemann).

Anmerkung: Zu fragen wäre bei dieser Gruppe, warum nicht wenigstens die Elbe (tschechisch Labe) genannt wird. Merkwürdig ist auch, dass die Bedeutung von al- nur "postuliert" wurde und dass sich im baskisch-deutschen Wörterbuch kein einziges Wort mit alm- finden lässt.

Es wird auch die sal- | salm- Gruppe genannt (für sal- ist "die Bedeutung von "Gewässer" oder "Bach" ebenfalls nur postuliert worden"!): Saale, Sale, Selz (Salusia), Selke (Salica).

Anmerkung: Wenn kein alm-Wort (erst recht nicht mit der Bedeutung "Wasser") zu finden ist, dann selbstredend auch kein salm-Wort. Entgegen aller "Postuliererei" gibt es aber doch ein sal-Wort, das nach "(Meer-)Wasser" schmeckt: kresal Meerwasser.

Auch eine var- | ver- Gruppe wurde von Vennemann gefunden: Werre (Nebenfluss der Weser), Warne (nicht im Brockhaus, oder ist die Warnow bei Rostock gemeint), Warmenau (?), Warme Aue (?).

Anmerkung: Die Suche bringt im Wörterbuch für "var-" oder "ver-" leider überhaupt keinen baskischen Treffer, dafür um so mehr deutsche.

Zu der is- | eis- Gruppe zählen mehr als 200 Namen, darunter: Isar, Eisack, Isen? Iselfjorden (Norwegen), Isa (Italien), Isainka (Russland), Ieslà (Litauen), Jizera (Tschechien) Ijssel (Niederlande).

Anmerkung: Das baskische Element "iz" (an anderer Stelle von Vennemann als "is" geschrieben) wird mit scharfem "s" gesprochen bedeutet nach Vennemann "Wasser", "Gewässer". Unglücklicherweise gibt es im baskisch-deutschen Wörterbuch nicht ein einziges Wort mit "iz", das passen könnte, nur die Wörter isurbide Entwässerung(skanal), isuri Abhang, isuri schütten, giessen und isurki flüssig; liquid.

Zur ur- | aur- Familie (von baskisch ura = Gewässer, Bach und ur = Wasser) zählt Vennemann Urula (Norwegen), Irwell (Großbritannien), Ourthe (Belgien), Auerbach, Urbach, Urach, Aurach, Irrsee (Österreich), Aroffe (früher Urofia), Huriel (Frankreich), Urura, Urola (Spanien), Urwis (Polen); Ura (Russland).

Die Substrattheorie fußt im Grunde einzig und allein auf einer gewissen Ähnlichkeit alter europäischer Orts- und Gewässernamen mit heutigen baskischen Wörtern oder Silben, die "Wasser" o. ä. bedeuten. Die Silben "al-" und "sal-" wurden lediglich "postuliert"! Auch die genannten Silben "var-" oder "ver-" sind (wie eben angemerkt) im baskischen Wörterbuch nicht zu finden.

Die von Professor Vennemann aufgezählten Gewässernamen müssten nach dessen Theorie 10 - 15.000 Jahre alt sein. Das Baskische ist jedoch durch zahllose Entlehnungen aus anderen Sprachen geprägt und erste gedruckte zusammenhängende Texte gehen nur auf das 15. Jahrhundert zurück. Die fraglichen Lautfolgen hätte sich folglich seit rund 14.000 Jahren nicht wesentlich verändert. Ein derartiger Stillstand in der sprachlichen Entwicklung widerspricht jedoch jeglicher Erfahrung und müsste erst noch bewiesen (zumindest erörtert) werden. Dieser "kleine" Schwachpunkt ist dem bayerischen Linguisten jedoch keine einzige Silbe wert.

In seiner Liebe zum trockenen Substrat (nicht zur nassen Substanz?) übersieht er wohl auch, dass Gewässernamen nicht unbedingt immer mit der Idee "Wasser" verquickt sein müssen. Vater Rhein wird das bestätigen und sich majestätisch in seinem Bette wälzen. Er würde auch noch Rhein heißen, wenn er mit edlem Wein gefüllt wäre. Er dankt seinen Namen nämlich dem thiahtan-ischen Urwort der = DER, DER ANDERE. Aus diesem Urwort sind durch Laut- und Sinnwandel auch die unzähligen Wörter mit der Vorstellung DREHEN, RENNEN, RINNEN geworden.

Beispiele für den Sinnzusammenhang RINNEN: rinnen, Rinne, der Rhein, der Rhin, Rheinsberg, der Regen, die Ruwer, die Ruhr, die Rur, die Roer, die Rhone, die Garonne, die Gironde, lat. rivus, engl. river, span. rio = Fluss und griech. rheo = fließen (Abschnitt "35. Vaters Aufsatz"). Zu einer entfernteren sinn- und lautverwandten Gruppe gehört auch das engl. to hurry = sich beeilen (Sinn: RENNEN).

In diesen durch und durch thiahtan-ischen Flussnamen erscheinen die Lautfolgen "ru" oder "ur". Von baskischem Wasser ist da kein Tropfen zu spüren. Statt Subst-rat daher der einfache Rat: Bitte mal die "bakischen" ur- | aur- Gewässer in diesem Sinne überprüfen. Der Irwell (Nebenfluss des Mersey) erinnert zum Beispiel auch an dt. Urquell, "Ir" wäre dann ein Abkömmling des Urwortes u-her.

Warum sich die alten Basken ausgerechnet diesen Irwell (einen der Quellflüsse des Mersey) ausgesucht haben und den anderen (Weaver) oder gar den Mersey selbst ungeschoren gelassen haben, wird ein ewiges Rätsel bleiben. Haben sie die anderen noch größeren Fließgewässer aus Höflichkeit ausgelassen? Fragen wird aber auch das nasse Ergebnis eines vaskonischen Kusses aufwerfen. Denn, so steht geschrieben, "wenn Werra (baskische var- | ver- Gruppe) sich und Fulda (baskisch oder deutsch?) küssen, sie ihren Namen büßen müssen, und es entsteht durch diesen Kuss deutsch (oder baskisch?) bis zum Meer der Weserfluss", (idg. "Wasser-"Fluss). Warum klingen die Weser (oder die Vésère / Lascaux) thiahtan-isch wässerig und nicht nach baskisch ur = Wasser oder ibai = Fluss?

Das nacheiszeitliche Europa, ein unübersehbares Durcheinander aus Bächen, Strömen, Tot- und Nebenarmen, Tümpeln, Seen, Flachwassern, Sümpfen, Mooren, Schlammlöchern, Morasten, Brackwassern, Feuchtwiesen, Schilfgürteln, Versickerungen, natürlichen Sielen (Durchlass, Deichschleuse, Kanal, kleine Bucht), Watten, Matschflächen, Quellen, Lachen und Pfützen. An Sommertagen mückentanzende Hitze - eisklirrende Todeskälte in den Winternächten. So könnte das prähistorischen Europa kurz nach der Eiszeit von den wenigen wettergegerbten Jägerinnen und Jägern erlebt worden sein. Immer bereit, Jagdbares im unübersichtlichen Busch aufzutreiben und stets auf der Hut vor Raubtieren.

Aus der vom GPS noch ungetrübten Froschperspektive der Weidfrau und des Weidmannes (und der Weidkinder) ist "Wasser" nicht immer gleich von anderem "Wasser" zu unterscheiden. Ist das Fließen bereits ein Anzeichen für einen eigenständigen Fluss, dem man einen Namen geben sollte oder ist stehendes Wasser nur Teil eines Fließgewässers, der keine gesonderte Bezeichnung verdient? Auf der Jagd lassen sich derartige Fragen nicht immer gleich beantworten, trotzdem sind aber eindeutige Wegbeschreibungen lebenswichtig. Es würde den sicheren Tod bedeuten, wenn man jedem Gewässer im Umkreis von ein paar Tagesmärschen einfach den Namen ur = Wasser oder ibai = Fluss geben würde. Niemand würde sich anhand einer solchen Beschreibung zurechtfinden. Es muss also andere Bezeichnungen gegeben haben, und die gab es nachweislich auch.Eine davon war zum Beispiel "Loch", das von dem Urwort hal (in der Bedeutung HÖHLE, HOHL) herkommt (s. Winzigwörterbuch, S.20, Abschnitt "06. hal" und "36. Vortrag Karlsruhe"). Die Spiegelform von hal ist lah und mit diesem lah verwandt sind: das Loch; die Luke; hervorlugen (aus einer kleinen Öffnung); engl. to look; die Haarlocke (wegen der "hohlen" Form); das schottische Loch Ness; engl. lake; ital. lago; to lock up; die Wasserlache; die Salzlake; die Lunge; das Leck; lecken (aus einem Loch tropfen); (ahd.) lucka = Lücke; (ahd.) luog = Schlupfwinkel, Lager; das Lager, locken und der Fluss "Lahn".

Die bisherigen Deutungsversuche des Flussnamens "Lahn" sind auf "Rudis Homepage" zur Stadt Weilburg an der Lahn (http://www.weilburg-lahn.info/index.html) sehr gut beschrieben. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Zunächst gibt Rudi einen Überblick über die belegten Flussnamen und die zugehörigen Geschichtszahlen:

»Vor 600: "Laugona" / " Logana", 915: "Logene", 959: "loganam", 1185: "logenam", um 1220: "logina", 1248 "loina", 1255: "Longina", 1257: "logna", 1284: "aque Lone", 1304: "Loinam", 1312: "lonne", 1313: "Lane", "Laynahm", 1325: "Loyn", 1339: "Logene", 1361: "Layn". Die heutige Schreibweise taucht erstmals 1365 auf: "niedewendig der Lahn". Andere Schreibweisen dann wieder in den Folgejahren, u. a. "lone", "leune", "Leyne", "Lane", "Lone", "Loene", "Lanen", "Layn", "Laenen", "Laen".

Dann folgen die bisherigen Deutungsversuche:

Sturmfels sieht "Lahn", ausgehend von "Loganaha" (8. Jahrhundert), dann "Loganahi", "Loganahe", "Loginahi", "Loginahe", als verwandt mit dem altnord. "lauga" und dem ahd. "louga" für Lauge an. Damit kommt er zu der Wortbedeutung "Laugenwasser" wegen "der thatsächlich trüben Farbe des Flusses". Später meinte er: "Sollte der Name "Lahn" vordeutsch sein, dann zum Stamme l a g l o g aus l a c, laufen, fließen, wie der L e c k , alt L a c i a , L o c k i a , und die L e i n e , alt L a g i n a."

Für Bahlow ist die vordeutsche Herkunft eine Tatsache. Er sieht den Ursprung des "Logana" im keltoligurischen Umfeld. Aufgrund der morphologischen Parallelen von "Logana" zu anderen alten Namen mit "lug", "log", "leg", "lig", "lag", deren geografischer Verbreitung und der topografischen Befunde, kommt Bahlow zu dem Ergebnis, dass diese vorgermanischer Zeit entstammen und "Sumpf" bedeuten.

Metzler sieht in einer Untersuchung zu Ortsnamen unter Berücksichtigung der "Studien zur Hydronomie des Rheinsystems" von Hans Krahe drei Möglichkeiten. Als Grundlage kann erstens die Wurzelform "logh" angesehen werden, die an das indogermanische "leg" mit dem Wortsinn "tröpfeln", "sickern", "langsam rinnen" anschließt. Als zweite Möglichkeit kann ein Bezug zum ahd. "loc" für "Locke" hergestellt werden und zu "lúgnas" für "geschmeidig", "biegsam". "Lugana" könnte somit "die sich Windende", "die mit Biegungen versehene" bedeuten. Als dritte Möglichkeit sieht Metzler die Wurzel "leug" und "lug" = "schwärzlich", "Sumpf".

Soweit die Zusammenfassung.

Es ist erstaunlich, dass die Deutungsversuche von Sturmfels, Bahlow oder Metzler trotz aller Umwege oder intellektuellen Kopfstände gar nicht so weit weg von der richtigen Lösung sind. Unsere Vorfahren haben den Fluss wahr und wahrhaftig schlicht "Loch" genannt. Ist das nicht eine bisschen lächerlich? Keineswegs! Die Italiener (auch die Schotten) sagen zu bestimmten Gewässern immer noch Lago (Loch). Der Flussabschnitt, dem unsere Altvorderen diese Bezeichnung damals gaben, dürfte daher wohl zu jener Zeit wie ein See ausgesehen haben. Vielleicht hat eine Biberfamilie in dem Loch gebadet. Loch ist übrigens nicht gleich Loch. Unsere Lautfolge "Loch" kann ja (denken Sie bitte an die Vieldeutigkeit der Sprachen der Stufe 2) selbstverständlich auch manches andere bezeichnen: "Sumpf", "stinkendes Gewässer", "kleine schmutzige Behausung", "intergalaktische Gravitationssingularität", "Haushaltsdefizit", "Gefängnis" und so weiter. Denkt man obendrein an die unausbleiblichen Lautverschiebungen und häufig vorkommenden Sinnveränderungen, dann muss man Verständnis für die Schwierigkeiten der Linguisten haben.

Trotzdem rechtfertigen diese natürlich nicht die aufkommende Unsitte, die europäischen Gewässer unter baskischen Verdacht zu stellen. Dagegen zeigt das Beispiel noch etwas ganz Wichtiges: Mit der richtigen Theorie (wie der thiahtan-ischen) lassen sich die Dinge meist ganz einfach und widerspruchsfrei erklären.

Ebenso unerlässlich wie die (möglichst) unmissverständliche Benennung der landschaftlichen Einzelheiten ist auch die mündliche Weitergabe der damit verbundenen Erfahrungen (von ahd. irfaran). Wie kann ich ohne zu "ersaufen" ein Gewässer überqueren [von ahd. ubarfer(r)en = übersetzten]? Die Antwort ist höchstwichtig! Die Überquerungsmöglichkeit eines Gewässers, von dem ja nur ein kleiner Ausschnitt wahrgenommen wird (und von dessen Verlauf auf der Landkarte der altsteinzeitliche Mensch nicht die entfernteste Ahnung haben kann), könnte bei der Namensgebung ausschlaggebend sein. Eine Furt, Stromschnellen, auffällige Uferbereiche usw. könnten durchaus Einfluss auf den Namen haben. Sind die neubaskischen

ibar [= Aue, fruchtbare Ebene (am Fluss)] und

ibi [= Furt, flache (überquerbare) Stelle (in einem Fluss), Watt {Originalanmerkungen aus dem Wörterbuch des Baskischen von Kühnel}]

daher gar mit (ahd.) uba(r) = über in Verbindung zu bringen?

Es ist nicht der Sinn dieses Aufsatzes, so ganz nebenher auch noch die bisher unerklärlichen alteuropäischen Gewässernamen widerspruchsfrei zu deuten. Die Beispiele sollen nur zeigen, dass nicht unbedingt die Basken sie "vergeben" haben müssen. Die Schwierigkeiten können auch einfach daher rühren (und das ist nach allen bisherigen Überlegungen das Wahrscheinlichere), dass es das rekonstruierte "Indogermanische" in Wahrheit in der gedachten Form nie gegeben hat. Der Verdacht liegt nahe, dass man einfach von den falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Mit etwas Vorstellungsvermögen und dem Althochdeutschen- oder Winzigwörterbuch in der Hand finden sich dagegen sofort (wenn auch manchmal auf den ersten Blick verrückt erscheinende) Vorschläge.

Vennemanns Ibarolle (der Ort liegt in einem Pyrenäental) könnte dann zum Beispiel sinnverwandt sein mit (ahd.) uba(r) = über und ahd. halon = holen. Desgleichen der Ort Avrolle, den er ebenfalls der baskischen ibar - Gruppe zuordnet.

Die "Saale" könnte etwas mit ahd. sela im Sinne von Geist (Flussgöttin oder Flussgott) zu tun haben.

Die Werra wurde vielleicht als Wasserstraße angesehen (ahd.) ferren = zu Schiff fahren oder faran = fahren). Denkbar wäre auch eine Verbindung mit (ahd.) ferro = fern, weit, weitab. Dieser Name würde dann an die "Weichsel" erinnern, deren Name auch nichts anderes als "weit weg" bedeutet.

Die "baskische" is- | eis- Gruppe könnte auf dt. "Eis" zurückgehen. Nach Elisabeth Hamel, "Es gab nie einen Arno in Arnstadt", »dürften "Eis", "Gämse" und "Käse" auf die Zeit zurückgehen, als man in Europa Vaskonisch sprach.« (Süddeutsche Zeitung vom 16.01.2001) Die Geschichte vom baskischen Eis ist jedoch ein Märchen von Schneeweißchen und Hoserot (prakagorri). Denn Eis kommt von dem thiahtan-ischen Urwort iss = HEISS, KALT, WEISS (s. Winzigwörterbuch). iss ist eine Lautäußerung, die mit schmerzlichen (auch anderen unangenehmen) Erlebnissen verbunden ist. Die Engländer sagen deshalb hot ("heiß"), wenn sie etwas Scharfes essen. iss ist die Urmutter aller entsprechenden Wörter: heiß, eiskalt, schneeweiß, weiß, scharf, spitz, Riss, Biss (< bi iss) und so weiter. Was bedeutet demnach wohl iss han = WEISS HABEN? Es besagt, dass jemand weiße Haare hat. Und das bedeutet in der Steinzeit sehr viel. So ein(e) Frau/Mann hat Erfahrung. Sie/er weiß was. Sie/er "hat" weiß, sie/er ist weise. Wissenschaft hat auch etwas mit weißen Haaren, dem Alter und mit Weißheit zu tun. Weißheit bringt Weisheit (oder auch nicht). "Eis" ist jedenfalls Käse!

Beim "Käse" ist der Fall etwas schwieriger. Er erinnert an baskisch gazta Käse; gatzatu geronnene Milch; gatz Salz; gatzu Salpeter (verwandt: ital. "cacio", "formaggio" = Käse; span. "queso" = Käse; dt. Gas, gasen, span. "gas(s)ata" = mit Kohlensäure versetzt); geza fade, ungesalzen; ur geza Süßwasser; gezal Meerwasser n; Salpeter; gezamin süßsauer (gozo süß; sanft; leicht zu bearbeiten, min Schmerz).

Aber ist so ein Käse gleich ein Beweis für die Substrattheorie?

Die günstige Beantwortung dieser Käsefrage wird die Substrattheorie nicht retten. Sie kann nicht überzeugen, eher steht sie für etwas ganz anderes:

Den Bankrott der Theorie von den "Indogermanen" und dem "Indogermanischen". Dabei sind die Beobachtungen ja nach dem heutigen Stand der Erkenntnis (wieder mal) völlig richtig. Landwirtschaft und Viehzucht haben sich tatsächlich und nachweislich von "Osten" her nach Europa ausgebreitet. Nur die E r k l ä r u n g ist (wie gehabt) falsch. Den wirklichen Grund nennt Herr Dipl.-Ing. G. Seibicke, Bad Bramstedt. Er hat mit Anmerkungen und Anregungen zu den einzelnen Abschnitten von muspilli beigetragen. So schrieb er u. a. in einer eigens aufgestellten Zeittafel: "Vor 10.000 Jahren, Beginn der Züchtung von Getreide, Domestizierung von Tieren. Ende der Sammler- und Jägerkultur in Nahost durch weitgehende Vernichtung der Lebensgrundlage durch die Muspel, die Flüchtlinge haben entweder schon Getreide und Haustiere oder sie entwickeln sie."

So einfach ist das. Bei den Einschlägen der muspilli (Kometenbruchstücke, vor rund 11.500 Jahren) waren nicht nur die Menschen gestorben wie die Fliegen, sondern auch ihr Jagdwild war der Katastrophe zum Opfer gefallen. In Mittel- und Nordeuropa waren die Auswirkungen besonders schwer. Nur ganz Wenige können davongekommen sein. Sie haben sich von Kleingetier, Wurzeln o. ä. ernährt und auf diese Weise überlebt. Im "Osten" waren weniger Opfer zu beklagen. Dafür fanden die Leute nicht mehr genug zu essen. Was haben sie da wohl gemacht? Sie haben das getan, was wir auch gemacht hätten, sie haben Gras gefressen (Kitt gab es noch nicht). Auch in den Folgejahren blieb das edle Wildbret aus oder so selten, dass sie gezwungen waren, diese pflanzliche Ernährung beizubehalten und zu verbessern. So wurde, wie so oft, eine Katastrophe zum Auslöser einer neuen Entwicklung, die vom "Osten" her ihren Ausgang nahm. Ganz einfach, weil dort mehr Menschen überlebt hatten und die landschaftlichen und klimatischen Rahmenbedingungen am günstigsten waren. Die Menschen im "Osten" konnten ihre Erfahrungen selbstverständlich auch den weiter weg lebenden Volksgenossen erklären. Sie sprachen nämlich Thiahtan-isch, genau wie die in Europa auch. Das kann jeder in der Bibel nachlesen, und es ist die einzig vernünftige Erklärung für die friedliche Weitergabe der landwirtschaftlichen Erkenntnisse.

muspilli könnte noch einen weiteren entscheidenden Abschnitt in der Menschheitsgeschichte markieren. Damals ist wohl die verfolgte Minderheit ausgestorben, die sich ausschließlich auf die Jagd verstand und sich nicht mehr der neuen Zeit anpassen konnte. Die ohnehin schwindende Schar der Neandertaler.

"Es gibt jedoch einen ganz kleinen Trost für die Substratophilen, denn es spricht nichts dagegen, dass sich in den thiahtan-ischen Sprachen auch einige Lehnwörter aus deren Sprache erhalten haben könnten. Dann hätte das tapfere Schneiderlein die Riesen mit ihrer eigenen Waffe geschlagen:

"Der Schneider band sich den Gürtel um den Leib und wollte in die Welt hinaus, weil er meinte, die Werkstätte sei zu klein für seine Tapferkeit. Eh er abzog, suchte er im Haus herum, ob nichts da wäre, was er mitnehmen könnte; er fand aber nichts als einen alten Käs, den steckte er ein. Vor dem Tore bemerkte er einen Vogel, der sich im Gesträuch gefangen hatte; der musste zu dem Käse in die Tasche. Nun nahm er den Weg tapfer zwischen die Beine, und weil er leicht und behänd war, fühlte er keine Müdigkeit. Der Weg führte ihn auf einen Berg, und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da ein gewaltiger Riese (Anmerkung: oder Baske?) und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein ging beherzt auf ihn zu ..."

Wie der listige Mittelständler seine furchtbare Käsewaffe, die er möglicherweise dem Technologietransfer der Urbasken verdankt haben könnte, gegen diese selbst eingesetzt hat, lesen Sie bitte bei den Brüdern Grimm nach. Oder fragen Sie Ihre Oma.


ENDE